Wein des Monats – November 2009

Muskat Kabinett
2008 Morio Muskat Kabinett, 5,50 € vom Weingut Felix Waldkirch

Mein innerlicher Kompass zeigt zur Zeit auf die Fachhochschule für Weinbau in Geisenheim/Rheingau, wo ich zwischen Oktober 2008 und Juli 2009 als „Gasthörer“ studierte. Aufgrund dieser Sehnsucht geht es dieses Mal um die Wissenschaft des Weins. Eine der wichtigsten Lehren aus dieser Zeit lautet, dass es per se keine falsche Rebsorten gibt, sondern nur Rebsorten am falschen Standort oder Rebsorten, die zwar an einem geeigneten Standort stehen, aber falsch bewirtschaftet werden. Der wichtige Punkt ist eigentlich der Umkehrschluss, nämlich dass es möglich sein muss, aus jeder Rebsorte einen guten Wein zu erzeugen, wenn sie an einem geeigneten Standort gepflanzt wird und die Reben dann von einem tüchtigen Winzer mit den richtigen Gedanken im Kopf bewirtschaftet werden.
Dennoch gibt es Rebsorten, die von der Mehrheit von Weinfreunden, Gastronomen, Sommeliers und Weinjournalisten als derart falsch eingestuft werden, dass der Winzer immensen Mut aufbringen muss, um diesen Umkehrschluss mit ihnen in die Tat umzusetzen. Solch ein Fall ist Morio Muskat, eine Neuzüchtung mit Muskatduft und tendenziell weicher Säure. Während der längst vergangenen Süße-Welle der 1970er-Jahre wurde in der Pfalz viel Morio gepflanzt, weil er frühreif und ertragsreich ist. Nach Zigmillionen Literflaschen kitschig-süßem, doof-schmeckendem Morio könnte die Sorte kaum einen schlechteren Ruf genießen. Auch mich ließ hier die inherente britische Sympathie für den Underdog im Stich!
Dann schickte mir ein Pfälzer Jungwinzer namens Felix Waldkirch eine Probeflasche seines 2008 Morio Muskat Kabinett samt einem Brief, in dem er den Restsüßegehalt von 34,7 Gramm bekannt gab. Guter alter süßer Morio, oder? Mit großem Vorbehalt verkostete ich den Wein und war fassungslos über die schöne Traubigkeit und die feine Muskatnote, wie konzentriert und verspielt er sich im Geschmack präsentierte, wie lebhaft seine Säure wirkte, der Nachhall klar und lang war und das Ganze keinen Deut zu süß schmeckte. Das hat Waldkirch nicht weniger Arbeit im Weinberg als Mut gekostet, aber dafür hat er einen überzeugenden Beweis für den oben genannten Umkehrschluss erhalten und einen grandiosen Herbstwein erzeugt.

Weingut Felix Waldkirch
Weinstraße 53
D 76835 Rhodt unter Rietburg
Tel: +49 (0)63 23/58 25
E-Mail: info@weingut-waldkirch.de
Internet: www.weingut-waldkirch.de

Weingut: Weingut Felix Waldkirch

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