Weintelegramm 62

Liebe Mitglieder von „den PRINZEN“, hiermit ein Riesendank für Ihren Auftritt gestern Abend auf dem „Ball des Weins“ im Wiesbadener Kurhaus. Sie waren die Rettung! +++ Der diesjährige „Ball des Weins“ stand unter dem Motto „Die Freiheit zu genießen“ und feierte 20 Jahre Mauerfall. Aber bis zu Ihrem Auftritt, kam kaum eine Botschaft aus dem Osten Deutschlands rüber. +++ Zum Essen gab es gar keine ostdeutsche Wein, dafür zwei wenig überzeugende westdeutsche: der dumpfe 2001 „Geheimrat J.“ Riesling von Wegeler in Oestrich und der oxidative 2004 Höllenberg Spätburgunder von den Staatsweingüter Assmannshausen. +++ Im riesigen Kurhaus fand sich nur ein kleiner Stand mit acht ostdeutschen Weine, den ich vergebens gesucht habe. +++ Liebe PRINZEN, Sie haben nicht nur Leben in die Bude gebracht, Sie haben es auch geschafft, dass Ministerpräsident Koch zu Ihrem Lied „Du musst ein Schwein sein“ mitgeklatscht hat! +++ Zuvor hat Koch gesagt: „Wir dürften nicht die jungen Bundeswehrsoldaten, die jahrelang an dieser gefährlichen Grenze standen, vergessen.“ Dazu bemerkte mein Tischnachbar: „Das ist die alte westdeutsche Arroganz. Arme junge Soldaten mussten auf beiden Seiten dieser Grenze jahrelang stehen.“ +++ Außer Ihnen, liebe PRINZEN, haben an diesem Abend keine Ostdeutschen zum Publikum gesprochen, und mit einem Lied haben Sie die Stimmung im Kursaal auf dem Punkt gebracht: „Ich wäre so gerne Millionär … so gerne millionenschwer“ +++ Ja, es war ein hervorragende Gelegenheit, für die westdeutsche Oberschicht, die in Millionen denkt, ihre angeborene Überlegenheit unter Beweis zu stellen. +++ Das passt zu Wiesbaden, diesem ehemaligen Epizentrum westdeutscher Dekadenz, wo jetzt die Finanzkrise der Wohlstandsparty ein jähes Ende bereitet. +++ Millionär war man, jetzt wäre man es so gerne wieder, ja, bitte, bitte, wieder millionenschwer!

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