Category Archives: Wein Telegramm@de

Mein Weintelegramm 116

so viel ist seit meinem letzten Weintelegramm passiert, aber wenn ich Euch das alles getweetet hätte, wärt Ihr verrückt geworden, also seid dankbar für meine Maxime NO TWITTER, NO FACEBOOK, NO BULLSHIT! +++ eine Sache, auf der ich seitdem intensiv gekaut habe, ist die 2010 Riesling Auslese von Weingut Deutschherren-Hof in Trier/Mosel (siehe www.weingut-deutschherrenhof.de) die ich mit Jungwinzer Sebastian Oberbillig kostete +++ der Wein war unfiltriert aber schon mit der Gärung fertig und geschwefelt bzw. stabil +++ tatsächlich war er schon ziemlich klar und gut probierfähig, schmeckte sogar sehr saftig mit ausgeprägter natürlicher Traubensüße und wunderbar erfrischender Säure +++ ein überzeugendes Beweisstück, dass der neue Jahrgang in Deutschland nicht so einseitig schlecht ist wie es manche meiner Kollegen in den Medien dargestellt haben +++ ein einzelner Wein ist aber keinesfalls ein stichfester Beweis für die Qualität der 2010 edelsüßen Rieslinge, auch wenn viele Spitzenwinzer und Jungwinzer mir von ähnlichen Ergebnissen berichtet haben +++ am selben Abend habe ich den genialen Paul Grieco von Restaurant Hearth und den Weinbars Terroir in Manhattan (www.wineisterroir.com) kennen gelernt +++ es war ein sehr positives Gespräch und vielleicht werden wir zusammen eine Veranstaltung in New York nächsten Sommer machen +++ ich halte Euch auf dem Laufenden +++ der Grund, warum ich erst heute dazu gekommen bin, wieder zu schreiben ist, dass ich nur wenige Stunden her die letzten Korrekturen vom Buch zu meiner TV Serie WEINWUNDER DEUTSCHLAND für BR gemacht habe +++ das Buch erscheint in gut drei Wochen in Tre Torri Verlag (siehe www.tretorri.de) +++ obwohl ich gerne ein paar Kleinigkeiten anders gemacht hätte (das war bei jedem meiner Bücher so) muss ich sagen, dass während des nervenaufreibenden Korrekturprozess (das war bei jedem meiner Bücher so) das Werk wirklich stark gewonnen hat +++ manche Leute werden es hassen, weil es so locker daher kommt, aber genau das macht es anders +++ es ist auch so nahe an 100% wahr und korrekt wie Tre Torri und ich es schaffen konnten +++ eine andere Sache, die mir mächtig durch den Kopf gegangen ist, ist der großartige Film THE SOCIAL NETWORK, den ich vor wenigen Tagen mit meiner Frau sah+++ davon habe ich einige wichtige Ideen für diese Website bekommen und wurde in meiner Maxime NO TWITTER, NO FACEBOOK, NO BULLSHIT bestärkt +++ manche von Euch denken jetzt bestimmt, „aber es gibt eine Stuart Pigott Seite auf Facebook!“ +++ stimmt, aber die wurde ohne mein Wissen oder meine Zustimmung errichtet und ich habe sie erst entdeckt, nachdem ich den Film gesehen habe +++ selbstverständlich werde ich Facebook bitten sie abzustellen und meine persönliche Daten in ihrer Datenbank zu löschen +++ leider kann man aber nie sicher sein, ob sie das tatsächlich tun, und genau das ist es, was mich am meisten ärgert bei Facebook +++ das ist eine ernste Sache in Vergleich mit dem, was die CIA und FSB mit den meisten von uns machen +++ dazu kommt die winzige Kleinigkeit, dass Facebook mit 500 Millionen Teilnehmern jeden dreizehnten Mensch schon auf ihren Computern hat.

Willkommen in der Zukunft!

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Mein Weintelegramm 115

Es ist gut, kreativ zu sein, auch, sich kreativ zu fühlen, und noch besser, wenn beides zusammen kommt wie heute vormittag, was bedeutet, dass es mir zwei Wochen nach meinem Absturz endlich deutlich besser geht +++ ich fing auch an, mir Gedanken über der Zukunft jenseits des nächsten Essens zu machen +++ in nur 7 Wochen, um 16:30 Uhr am 25.12. wird die erste Sendung von meiner TV-Serie WEINWUNDER DEUTSCHLAND auf BR 3 (auch unter www.br-online.de) gesendet und in knapp über einer Woche findet hier in Berlin eine der spannendsten Verkostungen statt, an der ich je teilnahm +++ ich denke an WEIN LAB 8 um 17 Uhr am 15.11. bei Hammers Weinkostbar in der Körtestrasse 20/Kreuzberg (Buchung unter Tel.: 030 / 69 81 86 77 oder info@hammers-wein.de) zum Thema Schaumwein +++ wir werden alles von Prosecco für 6 Euro bis Prestige-Cuvée-Champagner für 180 Euro blind verkosten, aber statt die Weine mit Punkten zu bewerten, werden wir schätzen, wieviel sie vom Geschmack her wert sind, dann werden Durchschnitts-Wertschätzungen in Euro berechnet und mit den tatsächlichen Preisen verglichen

+++ warum werden Blindproben nicht immer so organisiert ? +++ denn dann gebe es viel mehr Diskussion über wieviel Geld dieser und jener Wein wert sind +++ die höchsten Produktionskosten für Wein, die mir je begegnet sind, lagen über 30 Euro die Flasche, aber nur weil der Preis des Hangs, die Kosten für Rodung und Pflanzung, Bau vom Keller, Büro usw inbegriffen waren +++ bei etablierten Weingüter entfallen diese Kosten weitgehend oder komplett +++ auch mit sehr niedrigen Erträgen, händischer Weinbergspflege und keinerlei Kompromiss im Keller oder bei der Verpackung übersteigern die Erzeugungskosten seltenst die 20 Euro Marke +++ selbstverständlich müssen Winzer und Weinhändler sich ein Leben verdienen, aber offensichtlich gibt es saftige Margen für die Erzeuger (und manchmal auch die Händler) von Weinen mit dreistelligen Preisschildchen im Regal, seien sie nun Champagner oder was ganz anderes +++ in einer Welt, in der Marketing und Medien die Preise von fast allen Gütern verzerren, wäre es gut diese Sache beim Wein häufiger zu diskutieren +++ wie Oskar Wilde sagte, der Zyniker ist ein Mensch, der weiß was alles kostet, aber keine Ahnung hat, was irgendwas wert ist +++ hinzu füge ich, dass man sich (auch beim Wein) entscheiden muss, auf welcher Seite man steht: auf der des Zynikers oder der anderen

+++ aber bei welcher Arbeit fühlte ich mich so kreativ heute vormittag ? +++ ich schrieb an ganz neuem Material für diese Website, was schon vor der Ausstrahlung der ersten Folge WEINWUNDER DEUTSCHLAND auf Ihrem Bildschirm erscheinen wird +++ jetzt muss ich mich wieder hinlegen, weil ich mich immer noch bei 60% meiner normalen Stärke fühle, aber vielleicht sehen wir uns bei Hammers am 15. ?

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Mein Weintelegramm 114

A ganz große Dank an alle Mitglieder des WEINWUNDER DEUTSCHLAND Teams für ihre unermüdliche Einsatz, ihre Perfektionismus und ihre Geduld mit Mir !

Von Links nach Rechts: Ton: Peter Wuchterl, Assistenz: Florian Bschorr, Kamera: Sorin Dragoi, Regiseur: Alexander Saran

Es ist mir gerade eingefallen, dass es fast eine Woche her ist, seit ich von der letzten Drehreise für WEINWUNDER DEUTSCHLAND, meine TV-Serie für den Bayerischen Rundfunk zurückkehrte +++ Direktor Alexander Saran hat jetzt alle Bilder im Kasten, die er braucht, und das geschnittene Material, das er mir bisher zeigte, war von 1A-Qualität +++ warum habe ich also nicht sofort einen Urschrei von Glück ins Cyberspace geschickt ? +++ eine Woche her fühlte ich mich auf dem Bahnhof von Alzey in Rheinhessen wie vom Blitz getroffen, der aber eisig statt feurig war +++ ich hockte die Stunde davor auf einem Bahnsteig im Wind, der dem Biss eines großen weißen Haifisch glich, während das WEINWUNDER-DEUTSCHLAND-Team mich bei der Verkostung eines süßen Rieslings aus vielen verschiedenen Perspektiven filmte +++ nach einer halben Stunde im Halb-Koma am Boden der Dusche im Hotelzimmer konnte ich meine Füße wieder spüren und lenkte das Wasser auf meinen Kopf, der sich wie ein verdammter Eisbrocken anfühlte +++ Shit! +++ seit einer Woche hatte ich unter einer ziemlich schrecklichen Erkältung gelitten, aber weiter gearbeitet, weil Saran, das Team und ich mit Thomas Hensel von Weingut Hensel in Bad Dürkheim/Pfalz, Gert und Matthias Aldinger in Fellbach/Württemberg, Katharina und Manfred Prüm von Weingut Joh. Jos. Prüm in Wehlen/Mosel, Egon Müller von Weingut Egon Müller-Scharzhof in Wiltingen/Saar und Alex Gysler von Weingut Gysler in Alzey (danke an alle !) drehen mussten, um unser „Meisterwerk“ zu vollbringen +++ das Problem am Bahnhof von Alzey war, dass mein Akku plötzlich leer war und mich die von mir seit Monaten verdrängte Erschöpfung plötzlich einholte und zum Absturz brachte +++ die ersten Tage nach meiner Rückkehr kämpfte ich mit der Erledigung simpler Alltagssachen und auch heute fühle ich mich ziemlich ausgebrannt +++ trotzdem bin ich zu zwei wichtigen Schlüssen gekommen: 1) der ganze Stress und der ganze Schmerz hat sich gelohnt, 2) wir müssen die Menge an Stress und Schmerz bei den Dreharbeiten für die zweite Staffel 2011 unbedingt verringern +++ glücklicherweise hat meine abgesagte Chile-Reise (es tut mit leid für alle, die ich besuchen wollte, vor allem Eduardo Chadwick!) nicht nur Zeit zur Erholung gegeben, sondern auch Zeit zum Nachdenken +++ ein Jahr her entschied ich mich den TV-Torpedo zu reiten, wo auch immer er mich hinführen würde (siehe Telegramm 112) +++ es half mir beim Nachdenken, dass ich nach einer scheinbar ewigen Stille die mir wie ein Zeichen des Scheiterns erschien, endlich einige interessante Reaktionen auf den „Pigott-Wein“ erhielt +++ Kai Schubert von Schubert Wines in Martinborough/Neuseeland war plötzlich in Berlin und schockierte mich mit der Aussage, er erkenne die Art meines trockenen Müller-Thurgaus, „denn wenn man in Neuseeland den Ertrag reduziert, wie wir es machen, dann schmeckt der Wein ziemlich wie Dein Wein“ +++ Chandra Kurt (www.chandrakurt.com) schrieb mir, es sei der beste Müller-Thurgau, den sie je erlebt habe; „eine Wucht“ +++ Samstagabend habe ich David Finchers großartigen Film „The Social Network“ gesehen und seitdem entwickeln sich einige heiße Ideen für diese Website in meinen Kopf +++ das Eis ist gebrochen, bald kommt was an dieser Stelle in Cyberspace!!!
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Mein Weintelegramm 113

jetzt ganz schnell ein Paar Zeilen bevor ich auf der letzte Drehreise für WEINWUNDER DEUTSCHLAND los fahre +++ Gott sei dank geht es mir heute gesundheitlich etwas besser als die letzte zwei sehr anstrengende Wochen +++ bis ich nach Berlin zurückkehre in rund 10 Tage haben wir in an der Mosel, Saar, Rheinhessen, Württemberg und München (Schumanns Bar, Restaurant Blaue Donau und in der Straßenbahn 27) und ich bin bestimmt wieder völlig KO +++ leider musste ich meine geplante Reise nach Chile Ende Oktober/Anfang November streichen wegen meiner Erschöpfung und die daraus resultierende schlechte Gesundheitszustand +++ das ist sehr frustrierend, hat aber der positive Nebeneffekt, dass ich dann mehr für diese Website schreiben werde +++ mit dem nächsten Telegramm verspreche ich Fotos von unseren Dreharbeiten die wiedergeben wie es wirklich war +++ jetzt muss ich los und versuchen dabei meiner Klaus-Kinski-Seite zu Hause zu lassen

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Mein Weintelegramm 112

Stuart Tasting

manche von Ihnen fragen sich bestimmt, ob ich diese coole neue Website überhaupt ernst nehme oder ob die bescheidene Menge neuer Texte auf das Zuspitzen meines Anti-Blog-Instinkts zurück zu führen ist: NO TWITTER, NO FACEBOOK, NO BULLSHIT ! +++ die Wahrheit ist, dass ich extrem beschäftigt mit einem Großprojekt war, das ich geheim halten wollte, aber seitdem die Weinszene und zahlreiche Mitarbeiter der Deutschen Bahn davon erfahren haben, macht es keinen Sinn mehr auf die Unterzeichnung von Verträgen zu warten +++ seit Ende letzten Jahres arbeite ich an einer TV-Serie namens WEINWUNDER DEUTSCHLAND für den Bayerischen Rundfunk (BR) +++ der Anstoß dafür kam von Prof. Dr. Thomas Gruber, Intendant des BR, der anscheinend letzten Frühling von einem meiner Texte auf dieser Website zum Thema Wein und den Medien inspiriert wurde +++ ehrlich gesagt war mein Hauptargument in dem Text so gewagt, dass ich kaum Resonanz erwartete, aber Gruber begriff sofort meine Beobachtung, dass der deutsche Hang zum Absolutismus für Wein im Fernsehen nur zwei Plätze zulässt: Skandal-Meldungen oder Toskana-Heile-Welt +++ er stellte mir den Produzenten Ernst Geyer vor, mit dem ich mich auf Anhieb bestens verstand, obwohl wir völlig konträre Persönlichkeiten sind; bei unseren Gesprächen wurde die Grundlage für eine ganze andere Darstellung des Weins im deutschen TV geschaffen +++ über Geyer lernte ich Regisseur Alexander Saran kennen, Ende März verfassten wir unsere ersten gemeinschaftlichen Drehbücher und drehten am Abend des 13. April in Berlin das erste Material +++ das war auf dem „Secret Gig“ von Nahe Riesling-Rocker Dr. Martin Tesch, als Hanan Rubinstein im deutschen HQ von Gitarrenhersteller Gibson spielte (seine CD „The Year I Lived“ ist gerade erschienen, mehr Info unter www.hananonline.com +++ wir bewegten uns mit Warp-Geschwindigkeit, hätten aber am ersten vollen Drehtag in Geisenheim/Rheingau fast einen Absturz hingelegt +++ nach weniger als einer Stunde musste unser Tonmann mit katastrophalen Rückenproblemen ins Krankenhaus eingeliefert werden +++ ein Ersatzmann wurde gerufen, dann mussten wir mit Unterbesetzung einige der komplexesten Schnitte der gesamten Staffel drehen – was irgendwie gelungen ist +++ seit Tonmann Peter Wuchterl am nächsten Morgen zu uns stieß, sind wir ein festes Team, dessen andere Mitglieder Kameramann Sorin Dragoi, Assistenz „Flo“ Bschorr, Saran und ich sind +++ als die Probleme sich neulich auf dem Dreh häuften, glaubte ich mich in Klaus Kinski zu verwandeln und Saran begann wie Werner Herzog auszusehen, aber wir rissen uns zusammen und brachten das Schiff wieder auf Kurs +++ neulich sprach Flo einen anderen Gedanken aus, der mich auf dem Dreh häufig plagte: die Angst nur eine „B-Version“ von dem zu drehen was möglich wäre +++ dann setzten wir uns wenige Abende her in einem Hotelzimmer in Rheinbach bei Bonn zusammen, schauten halbfertige Teile von drei Sendungen an und waren alle begeistert: eindeutig die A-Version ! +++ das Buch zur Serie in Tre Torri Verlag wird schon einige Wochen vor der ersten Ausstrahlung um 16:30 Uhr am Samstag, den 25. Dezember in BR3 in den Buchhandlungen stehen +++ frohe weinige Weihnachten!

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Mein Weintelegramm 111

auch wenn manche Menschen meinen Wein nicht mögen oder gar ablehnen, ist mein Experiment zweifellos gelungen +++ zwei Wochen nach der Premiere meines ersten Weins liegen genug Reaktionen vor, um erste Schlüsse zu ziehen +++ viele von Ihnen erinnern sich sicher, dass mein Weinbauprojekt im abgelegenen fränkischen Teil des Taubertals sich der Frage widmete, ob es möglich ist, aus der Allerweltstraubensorte Müller-Thurgau einen Wein von Großes-Gewächs- / Grand-Cru-Format zu erzeugen +++ bisher gab es nur einen Verkoster, der sich von meinem Wein so unberührt zeigte, dass „nett“ sein einziger Kommentar war, ansonsten zeigte jeder eine starke Reaktion +++ für manche war er offensichtlich zuviel des Guten, bzw. zu kräftig, zu tannin- oder alkoholbetont, aber viele schienen ihn mit trockenen Rieslingen oder anderen Weinen konträrer Geschmackstypen zu vergleichen +++ bei der Präsentation am 5. September im Museum für Film & Fernsehen im Sony Center/Berlin habe ich außerdem einen weißen Châteauneuf du Pape (2008 „Vieilles Vignes“ von Château Beaucastel), einen weißen Burgunder (2008 Bourgogne Blanc von Comte de Vogüé) und einen österreichischen Grünen Veltliner (2008 „M“ von F.X. Pichler) +++ wie mein Wein haben sie alle einen üppigen Körper, moderate natürliche Säure und sind von langem Hefekontakt geprägt +++ keiner der Fachleute, die gekommen sind, hielt diesen Vergleich für unlogisch, prätenziös oder absurd, was an sich ein großer Erfolg für meinen Wein war +++ ich sage „für meinen Wein“, weil die 16,5 Punkte von Jancis Robinson (siehe „Purple Pages“ von www.jancisrobinson.com) keinesfalls meiner Person, sondern dem Wein galten +++ jeder Interessierte könnte wie ich in den Vorlesungen von Professor Schultz bei der FH für Weinbau in Geisenheim lernen, wie die Rebe wächst (es ist zwar alles ziemlich überraschend, aber nicht sehr kompliziert) +++ obwohl wir Weinjournalisten es gerne anders darstellen, ist gutes Weinmachen viel eher eine Frage von Detailarbeit und dem richtigen Schritt zu genau dem richtigen Moment als von Genialität +++ während meiner zahlreichen Besuche beim Winzerhof Stahl, wo ich meinen Wein erzeugte, wurde das immer wieder bestätigt +++ die größte Herausforderung bestand darin, die Sache konsequent durchzuziehen, auch wenn es neun Stunden Arbeit am Tag mit der Hacke auf einem 68% Hang in der heißen Sonne bedeutete +++ wenn Sie dass durchgehalten hätten, dann hätten Sie auch meinen Wein erzeugen können! +++ Winzer sein ist harte Arbeit, aber Winzer werden machte mir viel Freude und erweiterte meinen Horizont +++ deswegen war ich am Freitag in Potsdam mit Clemens Buch vom gleichnamigen Weingut in Pünderich/Mosel, um den Winzerberg anzuschauen, einen terrassierten Weinberg, der für Friedrich den Großen 1763 gebaut wurde +++ ein Bürgerinitiative baut ihn momentan wieder auf, mit dem Ziel, dort einen hochwertigen Wein zu erzeugen (siehe www.winzerberg-potsdam.de) +++ von was uns Monika Lange, Vorstand der Bürgerinitiative, erzählte und zeigte, glaube ich, dass dies durchaus möglich ist +++ es wird aber eine ganz andere Herausforderung, hier einen großartigen Wein zu erzeugen als im Taubertal: anderer Boden, eine andere klimatische Situation und ein einmaliger Aspekt dieser Lage: Reben unter Glas! +++ wir müssen uns dieser Situation bei der Wahl der Traubensorten und der Arbeit im Weinberg so weit wie möglich anpassen und dürfen nicht historischen Gespenstern hinterher rennen, wenn wir Erfolg haben wollen +++ gerne würde ich gleich anfangen!

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Großes Gewächs: zu mineralisch?

nach 17 Drehtage in Folge für die Bayerische Rundfunk TV-Serie WEINWUNDER DEUTSCHALND trudelte ich am Montag wie ein abkratzender Flieger bei der VDP „Großes Gewächs“ (GG) Präsentation in Berlin ein +++ eine Riesen-Terroir-Story wird um diese Weinen gesponnen, von der ein guter Teil stimmt und ein Teil nur Märchen ist, aber das ändert nichts an dem Umstand, dass es sich um die neue Luxusklasse des trockenen deutschen Weins handelt +++ fast alle Weine, die ich gerne kaufen würde, kosten mindestens 30 Euro ab Hof und manche liegen knapp unter 50 Euro +++ weil die weißen GGs erst ab dem 1. September auf den Markt kommen, war es meine erste Chance, diese Weine intensiv zu kosten +++ leider habe ich aber immer noch keinen umfassenden Überblick, weil es 414 weiße GGs aus 2009 gibt und ich wegen zahlreicher Unterbrechungen am Montag nur 76 davon geschafft habe+++

after 17 consecutive days filming a TV series called WINE WONDER GERMANY for Bavarian Broadcasting I felt like I crash landed into the presentation of the „Große Gewächse“ (GGs) by the VDP producers association on Monday in Berlin +++ a huge Terroir Story is spun around many of these wines, much, but not all of it, true, but the fact is the GGs are also the new luxury class of dry German wines +++ almost all the wines I’d be interested to buy cost over 30 Euros per bottle direct from the producer, and some are close to 50 Euros +++ the fact that the whites come on to the market from the 1st September the year after harvest meant this was my first chance to seriously taste the 2009 white GGs +++ don’t think I have a complete overview though, because there are 414 white GGs from 2009 and in four hours I managed to taste just 76, due to many interruptions +++

in meiner letzten Kolumne in der FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG (12. September) habe ich analysiert, wie es eine Schule selbstbewusster Monster GGs gibt und eine zweite Schule, bei der die Weine bewusst elegant gehalten werden +++ aber es gibt noch eine andere wichtige Frage, auf der ich die ganze Woche herum gekaut habe: sind manche GGs einfach zu mineralisch, um richtig harmonisch zu sein ? +++ Hanno Zilliken von Weingut Zilliken in Saarburg/Saar hat mich auf vor einem Jahrzehnt darauf hingewiesen +++ er sagte von seinen eigenen trockenen Rieslingen, „die Säure ist nicht das Problem, weil die heute gar nicht mehr so hoch ist. Nein, die Weine sind einfach zu mineralisch !“ +++ er meinte, bei seinen trockenen Rieslingen würde dieser Geschmack „nackt“ und etwas unharmonisch wirken, während er bei den süßen Weinen durch die natürliche Traubensüße balanciert wird +++

in my last column for the FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGS ZEITUNG (12. September) I analysed how there is a school of self-confident Monster „GGs“ and another of self-consciously elegant ones, and to my taste the latter are more enticing +++ however there’s another important question I’ve been chewing over since then: are some GGs too minerally to taste harmonious ? +++ Hanno Zilliken of Weingut Zilliken in Saarburg/Saar awakened me to this question a decade ago +++ refering to his own dry wines he said, „it’s not the acidity which is the problem, because it’s no longer too high, instead they are too minerally“ +++ what he meant was that in his wines with natural grape sweetness this balanced the mineral character, whilst in his dry wines it was „naked“ and therefore dominant +++

das ging mir durch den Kopf, als ich die Weine von Tim Fröhlich von Weingut Schäfer-Fröhlich verkostete +++ ich habe ziemlich gestaunt, weil sie hyper-mineralisch sind, der Felseneck vielleicht der mineralischste Wein, den ich je erlebte +++ betonte Säure und salzig-mineralische Komponenten verbinden sich zu einem dominanten und extrem fordernden Geschmack; eine Kommando-Übung für den Gaumen ! +++ gegen gewagte Weine und mineralische Weine bin ich keinesfalls, aber es stellt sich durchaus die Frage, ob Tim Fröhlich das GG Terroir-Ideal vom mineralischen Wein nicht einfach zu weit und auf Kosten der Harmonie getrieben hat +++ oder sind die Weine nur viel zu jung und ich zu engstirnig ? +++ ich kenne das Problem überzogener Inhaltskonzentration von meiner eigenen Arbeit: möglicherweise war das das „Problem“ mit meinen letzten Büchern, WILDER WEIN und WEIN WEIT WEG +++

all this went through my mind as I tasted the 2009 GGs from Tim Fröhlich of Weingut Schäfer-Fröhlich in Bockenau/Nahe +++ they’re all hyper-minerally, the Felseneck perhaps the most minerally wine I ever tasted, therefore unquestionably extraordinary +++ at least in the here and now that makes them dominating and demanding; a commando exercise for the palate ! +++ I’m certainly not against daring wines or minerally wines, but the question is whether Tim Fröhlich hasn’t pushed the GG Terroir Ideal of minerally wine too far at the cost of these wines’ harmony +++ or are they wines simply far too young and I far too narrow-minded ? +++ I’m familiar with the problem of excessive concentration of content from my own work: this might have been the „problem“ with my books WILD WINE WORLD and WINE FAR AWAY (sadly only available in German) +++

am Montag habe ich die Frühlingsplätzchen und Halenberg Ggs von Weingut Emrich-Schönleber in Monzingen und der Hermannshöhle GG von Weingut Dönnhoff in Oberhausen bestellt, auch über der Kauf von GGs von weitere Nahe-Weingüter ernsthaft nachgedacht +++ diese Weine sind auch sehr mineralisch, konzentriert und eigenständig aber sie bieten (trotz ihre Jugendlichkeit) ein Genuss an

on Monday I bought the Frühlingsplätzchen and Halenberg GGs from Weingut Emrich-Schönleber in Monzingen and the Hermannshöhle GG from Weingut Dönnhoff in Oberhausen, and seriously considered purchasing GGs from other Nahe producers +++ these wines are also very minerally, concentrated and original, but (in spite of their youth) they give pleasure

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Weintelegramm 31

Hans Ulrich Kesselring von Schloss Bachtobel in Thurgau/Schweiz ist gestorben. +++ Gerade sind wir zurück aus unserem England-Urlaub und haben in der Post diese traurige Nachricht gefunden: „Ein großartiger Mensch hat uns unerwartet verlassen“. +++ Dem können wir nur zustimmen.+++ Während der Recherche zu WEIN SPRICHT DEUTSCH habe ich eine Reihe beeindruckender Winzerpersönlichkeiten kennen gelernt. +++ Keiner von ihnen war so erstaunlich wie Hans Ulrich Kesselring. +++ Ein Mensch, dessen geistige Wurzeln eindeutig bis in die Aufklärung zurück reichten, der aber voll und ganz im Hier und Jetzt lebte. +++ Genauso sind seine Weine, aufrichtig und nobel, dabei direkt und packend; Gewächse, die schon bei der ersten Begegnung wie alte Freunde sind, gleichzeitig aber immer wieder neu überraschen. +++ Lieber Hans Ulrich, ich habe sehr viel von dir in sehr kurzer Zeit lernen können, dank deiner Stärken und trotz meiner Schwächen. +++ In unserem Buch sitzt du (als einziger Winzer) auf dem Traktor und blickst uns resolut und lebensfreudig entgegen. +++ Deine Botschaft: „Degustation und Labor schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich“ werde ich versuchen, mit deiner Konsequenz weiter zu leben. +++ Grüße & Danke Dein Stuart

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Wein Telegramm from America 3

Wine Telegramm from America 3

It was rum, not tea, which made Boston the craddle of the American War of Indepence / es war nicht Tee sondern Rum, der aus Boston/Massachutsettts die Wiege des amerikanischen Unabhängigkeitskrieg machte +++ I would never have seen the Phipps Street Burial Ground in Boston-Charlestown if Keith Arbour hadn’t insisted on showing us the city’s oldest graveyard / ich hätte den Phipps Street Friedhof in Boston-Charlestown nie gesehen, wenn Keith Arbour nicht darauf bestanden hätte+++ we had to climb over the gates to reach the grave-clothed hillock sandwiched between suburban housing, Bunker Hill College, the Schrafft’s candy factory and freeway 93 / wir mussten über den Zaun klettern um den grab-bedeckten Hügel zwischen Vorortshäusern, Bunker Hill College, Schrafft’s Bonbon-Fabrik und der Autobahn 93 zu erreichen +++ but after Keith said of Benjamin Franklin, „he sets the ideal which everyone in America thinks they live up to, but nobody does,“ I was willing to look at anything historical he thought would be interesting and it turned out to be the right decision / doch nachdem Keith über Benjamin Franklin sagte, „jeder Amerikaner glaubt diesem Ideal zu entsprechen, aber keiner tut es,“ war ich bereit, alles Historisches anzuschauen, das er für wichtig hielt, was sich als die richtige Entscheidung entpuppte +++ although Phipps Street was established in 1630 it wasn’t until the 1660s that gravestones started to be carved, since the colonists found life in New England much harder than they had expected, many crops failing, so gravestones were a luxury they didn’t have / obwohl Phipps Street 1630 gegründet wurde, datieren die ältesten Grabsteine aufgrund des harten Überlebenskampf in Neuengland (wie etwa die vielen Missernten) aus den1660ern, Grabsteine waren ein Luxus, den sie sich erst nach dreißig Jahren leisten konnten +++ about 1688 the distinctive style of dark slate gravestones carved with death’s heads, flowers and putti appeared which Keith wanted us to see; an early sign of cultural independence / um 1688 tauchen erstmals die mit Totenköpfen, Blumen und Putti verzierten Grabsteine aus dunklem Schiefer auf, die Keith uns zeigen wollte; ein frühes Zeichen kultureller Eigenständigkeit +++ already by then rum was being distilled in Boston from molasses imported from the French West Indies, but by the time the British government passed the Molasses Act in 1733 impossing a heavy duty on the import of molasses to New England from the French colonies, rum accounted for 80% of New England exports / schon zu dieser Zeit wurde Rum aus Melasse aus Französisch-Westindien in Boston destilliert, und als die britische Regierung 1733 das Molasse-Gesetz verabschiedete, stellte Rum 80% der Exporte Neuenglands dar +++ the law was never enforced and the number of Boston distilleries involved in the illegal business grew from eight in 1738 to 63 in 1750 with a correspondingly severe loss of respect for British law; first steps towards American independence +++ das Melasse-Gesetz wurde nie durchgesetzt, und die Anzahl von Destillerien in Boston, die am illegalen Rum-Geschäft beteiligt waren, stieg von acht in 1738 auf 63 in 1750, was zu einem entsprechenden heftigen Verlust an Respekt für britische Gesetze führte; erste Schritte in Richtung amerikanische Unabhängigkeit +++ a perfect example of how an alcoholic beverage can change the world / ein perfektes Beispiel dafür, wie ein alkoholisches Getränk die Welt verändern kann

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Wine Telegram

Wine Telegramm from America 2

“I didn’t know what the hell those brakes were for, I was just trying to find my song” and though it was a woman’s voice (at once gentle and strong) I immediately recognized the words of Jackson Browne’s song ’The Barricades of Heaven’ and raced across Main Street, Rapid City in South Daktoa to the Firehouse Brewing Company from whose outdoor stage the sound emanated / obwohl sie von einer (zugleich starken und sanften) weiblichen Stimme gesungen wurden, erkannte ich sofort die Worte von Jackson Brownes Lied “The Barricades of Heaven” und rannte über die Main Street, Rapid City/Süd-Dakota in die Firehouse Brewing Company, aus der der Sound kam +++ Roy Metzdorf, the boss of Berlin’s “Weinstein” Restaurant, my wife Ursula Heinzelmann and I had just eaten sensational buffalo filets at “The Corn Exchange” Restaurant just down the road, which seemed the perfect conclusion to our visit to Custer State Park that afternoon where we’d seen herds of buffalo in their natural habitat / Roy Metzdorf, Chef des Berliner Restaurants “Weinstein”, meine Frau und ich hatten gerade sensationelle Bisonfilets im Restaurant “The Corn Exchange” in der gleichen Straße gegessen, was der perfekte Abschluß unserer nachmittäglichen Tour durch den Custer State Park erschien, wo wir Bisonherden in ihrem natürlichen Lebensraum erlebt hatten+++ the only thing we missed at dinner was a bottle of “Wild Grape”, the red wine which Eldon Nygaard of Valiant Vineyards in Vermillion/South Dakota makes from wild grapes collected by the Sicangu Lakota (Sioux) Indians on the Rosebud Reservation / das einzige was beim Abendessen fehlte, war eine Flasche “Wild Grape”, der Rotwein aus wildwachsenen Trauben von der Rosebud Reservation der Sicangu Lakota (Sioux) Indianer +++ we stayed at the Firehouse until Marnie Cooke finished her set of cover versions and I bought one of her CDs of her own songs, but it wasn’t until a couple of days later in Traverse City/Michigan that I read the sleeve notes and discovered she is also Lakota; “Native American” is a much more complex category than we Europeans imagine / wir blieben im Firehouse, bis Marnie Cooke ihre letzte Cover Version gesungen hatte, dann kaufte ich eine CD mit ihren eigenen Liedern, las aber erst ein paar Tage später in Traverse City/Michigan den Text auf der CD-Hülle und stellte fest, dass sie Lakota ist; “Uramerikaner” ist eine weitaus komplexere Kategorie, als wir Europäer denken +++ we were in Traverse City in order to taste the new Rieslings from the Old Mission and Leelanau Peninsulas and the wines from Blackstar Farms, Chateau Grand Traverse, Left Foot Charley, Two Lads and Bowers Harbor Vineyard proved that this little-known corner can produce racy and minerally Rieslings / wir waren in Traverse City, um die neuen Rieslinge von den Old Mission- und Leelanau-Halbinseln zu kosten, und die Weine von Blackstar Farms, Chateau Grand Traverse, Left Foot Charley, Two Lads und Bowers Harbor Vineyard bewiesen, dass diese ziemlich unbekannte Ecke Amerikas beeindruckende rassig-mineralische Rieslinge erzeugen kann +++ I’m not sure that you can call them “Native American” yet, but to quote Wes Jackson they are certainly well on the path to becoming native to the place they grow / ich weiss nicht, ob man sie schon als “uramerikanisch” bezeichnen kann, aber um Wes Jackson zu zitieren, sind sie sicher auf dem richtigen Weg, um an ihrem Standort wahrhaft heimisch zu werden +++ with its fresh crop of pompous mansions that sprouted before the global financial crisis Traverse City was a stark contrast to the Rosebud Reservation where the sufferings of a defeated and cheated people were visible everywhere / mit seiner frischen “Ernte” pompöser Villen stellte Traverse Ciity einen gewaltigen Kontrast zur Rosebud Reservation dar, wo das Leid eines geschlagenen und abgezockten Volkes überall sichtbar war +++ I’m still chewing on those tough impressions from the empty heart of America whilst I work out what to tell you about our days in Boston and New York / während ich überlege, was ich über unsere Tage in New York und Boston erzählen soll, kaue ich noch auf diesen schwerverdaulichen Eindrücken aus dem leeren Herzen Amerikas +++ „better bring your own redemption when you come, to the barricades of heaven where I’m from“

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