Weintelegramm 98

Für Gerrit Walter vom WEINGUT WALTER IN BRIEDEL/MOSEL blockierte Schwefel etwas die Nase. Das stimmte, da mein Wein gerade zehn Milligramm pro Liter mehr Schwefel bekommen hatte. +++ Ich stand mit den Mitgliedern der neue Jungwinzergruppe JAM SESSION, bzw. meinen Studentenfreunden von der Fachhochschule für Wein in Geisenheim/Rheingau, in der modernistischen Probierstube des WINZERHOFS STAHL in Auernhofen/Franken und wollte wissen, was sie von meinem trockenen Müller-Thurgau aus dem Taubertal hielten. +++ Als nächster sprach Johannes Sinß vom WEINGUT RUDOLF SINSS in Windesheim/Nahe: „Viel, viel Power, man denkt es wird Alkohol kommen, aber er kommt nicht, die Säure ist noch sehr präsent.“ +++ Keiner meiner jungen Freunde fügte dieser Analyse etwas zu, die in ihrer Genauigkeit ganz typisch für Johannes war. +++ Ich war ein Moment lang überaus erfreut – ich meine, ich bin wirklich kein Winzer und trockener Müller-Thurgau mit über 14 Volumenprozent Alkohol ist schon ein seltene und tückische Disziplin! +++ Schon bevor mein Wein ins Glas kam, herrschte ein Hochgefühl im Raum, dank der drei 2009er trockenen Müller-Thurgau von Christian Stahl und der davor liegenden Verkostungen in Franken und beim WEINGUT BENZ in Badische Taubertal. +++ Der Tag fing im WEINGUT JULIUSSPITAL in Würzburg an (mehr zu den Weinen in meiner Kolumne in die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung am 8. März), wo Direktor Horst Kolesch uns fast dreieinhalb Stunden seiner Zeit widmete, um eine Einführung samt Tour und Verkostung auf höchstem fachlichem Niveau zu halten. +++ Dann waren wir bei HORST SAUER in Escherndorf, wo die trockenen 2009er Kabinett-Weine ein neues Kapitel in der Betriebsgeschichte darstellen. +++ Mit nur zwölf Volumenprozent Alkohol und betonter Säure liegen sie weitab vom üblichen Geschmacksbild der fränkischen 2009er (13 Prozent plus und sanfte Säure sind hier ganz normal). +++ Da sehe ich eine Kontroverse im Anmarsch. +++ Am Vortag waren wir beim WEINGUT FÜRST in Bürgstadt, wo Paul Fürst uns nicht nur eine Reihe sensationell seidig-strahlender Spätburgunder- und Frühburgunder-Rotweine zeigte, sondern auch unser Wissen über Maischegärung einen große Sprung nach vorn brachte. +++ Vorgestern in Berlin fand die LANGE NACHT DES DEUTSCHEN WEINS XIII statt, auf der mein Partner in dieser Sache, Roy Metzdorf von Restaurant Weinstein in Berlin-Prenzlauer Berg, mich korrigieren musste: Es war doch erst das zwölfte Mal! +++ Das machte aber nichts, weil die Weine von Jam Session und die geniale Küche von Weinstein für eine geniale Stimmung sorgten. +++ Als Wein-Theaterstück (eine Tradition bei der lange Nacht) gab es ein Spiel, bei dem ich gegen einen Herausforderer, den Gastronom Roderick von Berlepsch aus Hannover, antreten musste. +++ Bei „Schlag den Pigott“ gab es vier Aufgaben, und ich bin bei zwei ziemlich gescheitert, weil Roderick einfach viel schneller war. +++ Die letzte Aufgabe war das Abfüllen, Verschließen, Etikettieren und Verpacken von sechs Flaschen in einem PTZ-Karton, und mein Ergebnis sah zumindest überzeugend aus. +++ Diese Aufgabe muss ich Ende März im Winzerhof Stahl in echt machen, allerdings mit der sechzigfachen Menge: Unmittelbar nach der ProWein-Messe in Düsseldorf wird mein Wein abgefüllt.

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