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“DIESMAL SITZEN WIR ALLE IN DEN TWIN TOWERS” / “THIS TIME WE’RE ALL IN THE TWIN TOWERS”: Nachrichten aus NYC von /News from NYC by Jürgen Fränznick

Im “Hotel of Hope” bei dem deutschen TV-Journalist Jürgen Fränznick (oben) habe ich Herbst 2012 bis Sommer 2013 in East Village von New York City gewohnt. Gerade habe ich diese bewegende Nachrichten von Ihn erhalten. Die Fotos sind auch von Jürgen und (mit Ausnahme des Letztens) sehr aktuell Hiermit der Link zum erwähnten TV-Beitrag mit Christiane Meier (ARD New York Korrespondentin):

https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tt-7425.html

I lived in the German TV journalist Jürgen Fränznick’s “Hotel of Hope” in the East Village of New York City from the fall of 2012 through summer of 2013. I just received this moving news from him. The photos, including that of the author above are his. All of them very fresh except for the last one.

NOW the shit hits the fan! 

Now the shit hits the fan!

Bis gestern strahlte das Wetter wie in jenen Frühjahrstagen 1986, als der Reaktor in Tschernobyl geschmolzen war. Und das Datum springt nochmal: “9/11 – we never forget” – doch diesmal sitzen wir alle in den Twin Towers. Aber auf welchem Stockwerk und wie weit zum Treppenhaus?

Until yesterdaythe weather was beautiful like in those spring days of 1986 when the Chernobyl reactor melted down. And that date comes to mind again: “9/11 – we never forget” – however, this time we’re all in the Twin Towers. But on which floor and how far from the stairs?

Und ganz schlimm: diese brutale Ruhe – in Grand Central Station (ohne Verkehr zum schönsten Shelter der Stadt mutiert) kannst Du die Obdachlosen atmen hören. 

And really terrible: the brutal silence – in Grand Central Station (without traffic converted into the most beautiful shelter in the city) you can hear the breathing of the homeless.

Kein Flugzeug am Himmel. Mehr Corona als in China. Die Stimmung kippelt. “Help me make it through the night” (Kris Kristofferson) .

No airplanes in the sky. More Corona than in China. Moral collapses. “Help me make it through the night (Kris Kristofferson).

Seit der Nacht zum Donnerstag – wir waren dabei, die “Tagesschau 20 Uhr/26.03.2020“ vorzubereiten – unser Studio-Kameramann Peter war da bereits unter Verdacht isoliert, aber noch wussten wir alle nicht, dass Peter am Morgen des Donnerstages positiv getestet sein würde – kriecht jetzt doch Sorge hoch in mir: das mobile Leichenschau-Zelt hinter dem “Bellevue Hospital” Downtown Manhattan ist groß genug, um mich zu erschüttern; und die Bilder vom “Elmhurst Hospital“ in (meinem) Queens machen mir – nein keine Angst, aber machen mir klar: Hilfe hier wird schwerlich zu finden sein.

Since the night of Wednesday to Thursday – we were preparing the 8pm news for the 26.03.2020; our studio cameraman Peter was already in isolation with a suspected infection, but we didn’t know that on the Thursday morning he would test positive – the worry grows in me: the mobile tent morgue behind the “Bellevue Hospital” Downtown Manhattan is large enough to shock even me; and the pictures from “Elmhurst Hospital” in (my) Queens don’t frighten me, but they make it clear: help would be hard to find here.  

Heute  meine Sorge wächst… aber ich kann über mich meine Verfassung noch spotten: Sicherheitshalber übe ich schon mal der Text zum letzten Lied der Bordkapelle auf der Titanic ein: “Nearer, my God, to Thee, nearer to Thee!” (Lowell Mason) … 

Today my worry grows…but I can still poke fun at my condition: to play safe I practice the last song of the ship choir on the Titanic: “Nearer, my God, to Thee, nearer to Thee!” (Lowell Mason)…

Und natürlich geht “stay home“ ab five o’clock leichter vonstatten: Dann darf der “Moon over Bourbon Street” (Sting) aufgehen. Glasweise. Und wenn das nicht hilft, dann geht’s in den Arm von “Sister Morphine” (Rolling Stones). Die “liquor stores“ in Manhattan gelten als “substantial business” und bleiben offen. Klar, New York ohne Drogen geht gar nicht – es gibt noch Verlässlichkeiten in dieser Welt im neuerlichen Stresstest. 25 minutes to go 🙂 

And, of course, from five o’clock “stay home” is easier: then the “Moon over Bourbon Street” (Sting) can rise. By the glass. And when that doesn’t help, then there’s the arm of “Sister Morphine” (Rolling Stones). The “liquor stores” in Manhattan qualify as “substantial business” and remain open. Of course, New York dan’t function without drugs – there are still certainties in this world undergoing a new stress test. 25 minutes to to 🙂

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GHB Diary 3/2019: Lieber Nahe als Ferne / Love the Nahe

Niederhäuser WeinfrühlingDie Wettervorhersage für Sonntag, den 7. April ist 17° C mit Sonne und ich habe ein Vorschlag für den Tagesprogramm: Niederhäuser Weinfrühling an der Nahe  / The weather forecast for Sunday, 7th April is 17° C with sunshine. I suggest you visit the Niederhäuser Weinfrühling in the Nahe. For the English language story please scroll down.   

Seit ich Anfang März 2019 angefangen habe für Gut Hermannsberg (GHB) als Riesling Ambassador zu arbeiten, haben mir zahlreiche Menschen zwei bohrende Fragen gestellt. Erstens: Warum haben sie plötzlich den freischaffenden Weinjournalismus gegen die Arbeit für ein Weingut gewechselt? Zweitens: Warum ausgerechnet die Nahe? Die erste Frage verdient eine ausführliche Antwort und ich bitte um etwas Geduld. Die kurze Antwort darauf ist, dass ich wenig Zukunft in der Art von Journalismus, die ich die letzten zwanzig Jahre gepflegt habe, gesehen habe. Die zweite Frage können Sie selber beantworten, indem Sie am kommenden Sonntag, den 7. April den Niederhäuser Weinfrühling besuchen und diesen Teil der Nahe persönlich kennenlernen.

Meine persönliche Antwort auf die zweite Frage ist Liebe. Als ich 1984-86 anfing die Nahe zu besuchen, habe ich mich hoffnungslos in dieses Gebiet verliebt. Schnell habe ich einen Draht zu den damals bedeutenden Figuren an der Nahe, wie Hans and Dr. Peter Crusius von Weingut Crusius in Traisen, Armin Diel von Schlossgut Diel in Burg Layen, Helmut Dönnhoff von Weingut Dönnhoff in Oberhausen und Dr. Werner Hofäcker, den Direktor der Staatlichen Weinbaudomäne in Niederhausen (heute GHB) gefunden. Sie haben mich immer wieder zurück an die Nahe gezogen und schrittweise habe ich entdeckt, was diese Gegend so besonders macht. Die Nahe hat nur 4.205 Hektar Weinberge, ist aber ein ziemlich komplexes Gebiet mit einer erstaunlichen klimatischen und geologischen Vielfalt. Diese Komplexität wäre vielleicht frustrierend, wenn es nicht zu solch einer großen Vielzahl von sagenhaften trockenen wie auch natürlichsüßen Weißweinen, Schaumweinen und auch Rotweinen führen würde. Zweifelsohne wird die Mehrheit der genialen Naheweinen aus der Riesling-Traube (28,6% der Gesamtrebfläche) gewonnen, aber Weissburgunder (Pinot Blanc), Grauburgunder (Pinot Gris), Spätburgunder (Pinot Noir) und Chardonnay spielen auch eine bedeutende Rolle an der Nahe.

Für mich ist GHB ein besonderer Teil dieser Welt des Weins und nicht nur weil 100% des 30 Hektar großen Weinbergsbesitzes des Hauses als VDP Grosse Lage klassifiziert sind. Das Gutshaus und seine Nebengebäude stehen zwischen GHBs 12,5 Hektar der Lage Kupfergrube und seiner 5,5 Hektar großen Monopollage Hermannsberg fast direkt oberhalb des Flusses. Drum herum liegen die Felsen und steilen bewaldeten Hänge in diesem wildromantischen Abschnitt des Tals. Aber sie müssen mir nicht glauben, kommen Sie einfach am nächsten Sonntag oder ein anderen Mal und schauen Sie sich das ganze von unserer Terrasse aus an. Dann sind Sie das Juwel in unserer Krone!

Das Beste an meiner neuen Rolle bei GHB ist die frappierende Weise, wie jeder der trockenen Rieslinge seine besondere Herkunft geschmacklich widerspiegelt. Das hat viel mit der harten Arbeit und Zielstrebigkeit von Winemaker Karsten Peter und dem Weinbergsverwalter Philipp Wolf zu tun, aber auch mit dem Wirken des ganzen Teams, unter Direktor Achim Kirchner und Jasper Reidel von der Besitzerfamilie. Wie Warren Winiarski, der Gründer von Stag’s Leap Wine Cellars in Napa Valley/Kalifornien mir einmal gesagt hat: „Terroir ist taub bis jemand es entdeckt und einen Weg herausarbeitet über den es zum Ausdruck kommt.“ Jedes der führenden Weingüter der Nahe hat eine eigene Geschichte, wie ihnen das gelungen ist. Lernen sie das am kommenden Sonntag, den 7. April in Niederhausen und auf GHB kennen! (Fotos: Nathalie Schwartz)

#GHBistmeinDRC #7Terroirs #LieberNahealsFerne #Nahe #Riesling

Niederhäuser Weinfrühling

Since I started work for the Gut Hermannsberg (GHB) estate in Niederhausen/Nahe as Riesling Ambassador at the begining of March 2019 many people asked me two questions: Why switch from wine journalism to working for a wine producer? Why the Nahe? The first of these will require a lengthy answer at some point in the near future, but the quick version is that I don’t see a long-term future for the kind of wine journalism I dedicated myself to for the last twenty years. The second question is much easier to answer and you don’t even need to read the following to do so, just come to the Niederhäuser Weinfrühling next Sunday, 7th April in Niederhausen/Nahe and experience it for yourself.

My own answer to that second question is love. During my first trips to the Nahe in 1984 – 1986 I fell head over heels in love with this dramatic region and rapidly connected with several of the leading producers there. My contact with Hans and Dr. Peter Crusius of the Crusius estate in Traisen, Armin Diel of Schlossgut Diel in Burg Layen, Helmut Dönnhoff of the Dönnhoff estate in Oberhausen and Dr. Werner Hofäcker of the Staatliche Weinbaudomäne in Niederhausen (GHB today) pulled me back again and again to find out ever more about what makes the Nahe so special. The fact is that although it only has 4,205 hectares of vineyards it is geologically and climatically diverse is crucial. That might be frustrating if it wasn’t for the fact that it leads to an astonishing diversity of wonderful dry white, sweet, sparkling and red wines. Yes, the Riesling grape (28.6% of the total vineyard area) gives the majority of the great wines of the Nahe, but Weissburgunder (Pinot Blanc), Grauburgunder (Pinot Gris), Spätburgunder (Pinot Noir) and Chardonnay all play important roles.

For me, GHB is a special part of this world of wine, and not only because 100% of its 30 hectares of vineyards are classified as VDP Grosse Lagen. GHB’s 12.5 hectares in the Kupfergrube site on two side of most of them lie directly around the complex of estate buildings, and the 5.5 hectare monopole Hermannsberg site lied on the other, the river Nahe forming the forth side. Beyond those vineyards lie the volcanic cliffs, and forested sleeps that make this section of the river valley breathtakingly beautiful. But don’t take my word for it. Come along to GHB on Sunday and experience for yourself the view from our terrace. Then you’ll be the jewel in our crown!

The best thing about my new role for GHB is the arresting way each of the wines dramatically reflects its place of origin. That has a great deal to do with the hard yet thoughtful work of winemaker Karsten Peter and vineyard manager Philipp Wolf, supported by the entire GHB team under director Achim Kirchner and including Jasper Reidel of the owning family. As the great Californian winemaker Warren Winiarski of Stag’s Leap Wine Cellars in Napa Valley said to me many years ago, „Terroir is mute until someone recognizes it and enables it to express itself.” Each of the leading producers of the Nahe has their own story of how they did that. Come and experience this for yourself on Sunday, 7th April in Niederhausen and at GHB! (Photos: Nathalie Schwartz)

#GHBismyDRC #7Terroirs #LoveNahe #Nahe #Riesling

 

 

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GHB Diary 2/2019 – Revolutionary „7 Terroirs“ Wine from Gut Hermannsberg Launched at 2019 ProWein Trade Fair

Kupfergrube

The revolutionary white wine 7 Terroirs from Gut Hermannsberg (GHB) estate winery in Niederhausen/Nahe is launched on the 17th-19th March, 2019 at the ProWein trade fair in Düsseldorf/Germany. The dry Riesling from the 2018 vintage redefines and reinvents the Estate Riesling category so crucial for Germany. Each of those wines is named after the estate winery that produced it and they are normally blends of wines from several different vineyard sites. Since the category was launched with the 1985 vintage they have introducing an entire generation of global wine drinkers to German Riesling by simplifying labels and offering attractive and harmonious flavours (usually in a dry style). With 7 Terroirs the next stage in their development begins. For a first taste go to ProWein hall 14, stand E46

Ein revolutionärer Wein namens „7 Terroirs“ von Gut Hermannsberg (GHB) in Niederhausen/Nahe feiert am 17.-19. März 2019 auf der ProWein in Düsseldorf Premiere. Der 2018er Riesling trocken definiert die wichtige Kategorie Gutsweine neu. Gutsweine sind meistens trockene, rebsortenreine Weine, die Cuvées aus verschiedenen Weinbergslagen sind. Es gibt sie in Deutschland seit dem Jahrgang 1985 und sie haben seitdem enorm geholfen gute deutsche Weine einem neuen Publikum zugänglich und attraktiv zu machen. Jetzt geht ihre Entwicklung in die nächste Phase und die Qualität wird dabei nochmals gesteigert. Erste Verkostung: ProWein Halle 14, Stand 46 

Many Estate Rieslings from leading German producers contain some wine from top vineyard sites, but which of them comes 100% from top vineyard sites? Until recently that wasn’t the idea behind the category, but that’s exactly what the 2018 7 Terroirs from GHB is! As the name says, it is a blend of dry Riesling from the 7 VDP Grosse Lage (or “Grand Cru”) vineyard sites in which GHB has holdings. In fact, 100% of the estate’s 30 hectares of vineyards holdings are in these top sites: Hermannsberg (Monopoly), Steinberg und Klamm in Niederhausen; Kupfergrube (12 hectares!) und Felsenberg in Schlossböckelheim; Bastei in Traisen; Rotenberg in Altenbamberg.

Viele Gutrieslinge von führenden deutschen Weingütern enthalten etwas Wein aus Spitzenlagen aber welcher stammt zu 100% aus Spitzenlagen? Bisher war das nicht die Idee hinter dieser Kategorie, aber genau das ist der 2018 „7 Terroirs“ Riesling trocken von GHB! Wie der Name schon sagt, handelt es sich um einen Cuvée aus den 7 VDP Große Lagen, (oder auch „Grand Crus“) wo GHB Weinberge besitzt. 100% des 30 Hektar großen Weinbergbesitzes des Hauses liegt in folgenden Lagen: Hermannsberg (Monopol), Steinberg und Klamm in Niederhausen; Kupfergrube (12 Hektar!) und Felsenberg in Schlossböckelheim; Bastei in Traisen; Rotenberg in Altenbamberg.

It is frequently claimed that certain wines have a mineral taste, but often consumers find it hard figuring out just what that special taste is. The steep vineyards of GHB all have stony soils that were weathered from volcanic melaphry and rhyolite, of from metamorphic slate. Since generations experts have talked about the special taste of the Riesling wines from these sites. 7 Terroirs is an excellent example of this, offering intense smoky minerality, racy acidity and juicy grapefruit character for a friendly price: just Euro 11,90 to private customers in Germany. The 100% wild-fermented (without cultured yeast added) wine will be bottled shortly and interest is already great.

Häufig wird behauptet, dass bestimmte Weine „mineralisch“ sind, doch allzu oft suchen die Konsumenten vergeblich nach dem sogenannten besonderen Geschmack. Die Hang- und Steillagenweinberge von GHB haben ausnahmslos steinige Böden, die aus verwittertem vulkanischen Melaphyr und Rhyolith, sowie metamorphischen Schiefergestein bestehen. Schon vor Generationen wurde der besondere Geschmack der Riesling-Weine aus diesen Lagen von Fachleuten gefeiert und genau das findet man im „7 Terroirs“ wieder. Der 100% spontanvergorene (ohne Zusatz gezüchteter Hefen) Wein hat eine sehr ausgeprägte rauchig-mineralische Note, viel Rasse und eine wunderbare Saftigkeit für den freundlichen Endverbraucherpreis von Euro 11,90. Die Abfüllung folgt im späten März aber das Interesse ist schon sehr groß.

Stuart Pigott

#GHBismyDRC / #GHBistmeinDRC

Email: Stuart.Pigott@t-online.de

 

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GHB Diary 1/2019 – The Lost World of the Rotenberg – Die verlorene Welt des Rotenbergs

Rotenberg

I just started as Riesling Ambassador for the Gut Hermannsberg (GHB) estate in Niederhausen/Nahe and, of course, I spent some time getting to know my new desk, where I wrote and translated a row of texts for the fast approaching ProWein trade fair in Düsseldorf. However, I also discovered lost world of wine.

Vor wenigen Tagen habe ich angefangen als Riesling Ambassador für Gut Hermannsberg (GHB) in Niederhausen/Nahe zu arbeiten. Ich habe natürlich einige Zeit an meinem neuen Schreibtisch verbracht, wo ich Texte für die bevorstehende ProWein-Messe geschrieben und übersetzt habe. Ich habe aber auch eine verlorene Welt für mich entdeckt.

It started during an extensive tasting of the current range of GHB wines, plus fast approaching additions to that range from the exceptional 2018 vintage. “Rotenberg,” said winemaker Karsten Peter softly as he poured me the first of the 2017 GGs, a dry Rieslings from the Rotenberg site. It was not the most breath-taking wine of the tasting, but it was extremely striking thanks to its smoked bacon character. Smoke is what I associate with the red Syrah grape and I never tasted a Riesling like this before! It was married to ripe peach aroma that the intense mineral character and strident acidity were beautifully balanced.

Das fing bei einer Verkostung der aktuellen Weine an, sowie auch die bald dazu kommenden Gewächse des herausragenden Jahrgangs 2018. “Rotenberg” sagte mir Winemaker Karsten Peter leise, als er mir der erste von den 2017er GGs des Hauses, einen trockenen Riesling aus der Lage Rotenberg. Es war nicht der atemberaubendste Wein der Verkostung aber er stach heraus mit seiner Räucherspecknote. Dieses Aroma assoziiere ich normalerweise mit Rotweinen der Traubensorte Syrah. So was habe ich bei einem Riesling noch nie erlebt! Und es war mit genug Pfirsichfrucht gepaart um die mineralische Note und betonte Säure wunderbar zu balancieren.

GHB has a reputation for charging rather serious prices for their top wines, at least within the moderately priced context of the Nahe region that is. However, the 2017 Rotenberg GG is just Euro 26 to private customers direct from the estate, or just over half of the Euro 48 that the breath-taking 2016 Kupfergrube GG costs. This is because the Rotenberg is nowhere near as famous as the legendary Kupfergrube, and this remarkable wine therefore sometimes get’s overlooked. I’d always liked the Rotenberg wines, but never really “got” them before. Now I really do, and the fact they’re underdogs also makes them appeal to me!

GHB hat der Ruf, recht hohe Preise für seine Spitzenweine zu verlangen – zumindest innerhalb des eher günstigen Kontexts der Nahe. Mit Euro 26 für Privatkunden ab Hof kostet der 2017er Rotenberg GG nur etwas mehr als die Hälfte des großartigen 2016er Kupfergrube GGs (Euro 48). Die Lage Rotenberg ist unbekannt in Vergleich mit der legendären Kupfergrube und deswegen wird sie manchmal übersehen. Ich habe die Rotenberg-Weine immer gemocht aber erst vor wenigen Tagen richtig geschnallt. Ihr Underdog-Status macht sie für mich auch anziehend!

Rotenberg

Then, Karsten Peter took me on a long vineyard tour that ended in the Rotenberg. Suddenly, Karsten’s jeep pulled up at the edge of the hill country into which the Alsenz Valley is deeply cut. With not quite 30 hectares of vineyards it is composed of a series of steep and rugged islands of vines surrounded by woodland and scrub, the later on the slopes where vineyards used to be. No doubt the season accentuated the wildness of the place and it reminded me of a painting by Bruegel. On a distant hill stood a castle. Of course, we’re in The Real Germany!

Dann nahm mich Karsten Peter mit auf eine lange Weinbergstour, dessen Endziel der Rotenberg war. Plötzlich hielt sein Jeep an der oberen Kante des engen Alsenztals in das wir hinab blickten. Nicht ganz 30 Hektar Weinbau gibt es noch hier. Es gibt eine Reihe von steilen und schroffen Rebinseln, umgegeben von Wald und Gestrüpp (letzteres auf den Hängen wo es mal Weinberge gegeben hat). Zweifelsohne hat die Jahreszeit die Wildheit dieser Landschaft betont. Es erinnerte mich an ein Landschaftsgemälde von Bruegel. Auf einem Berg in der Ferne stand eine Burg. Selbstverständlich! Wir sind doch im wahren unverbrauchten Deutschland!

Rhyolit/Rhyolith

We climbed out of the jeep and as I vainly tried to get a sharp photograph of him in the blustering wind Karsten showed me bedrock where it was exposed at the side of the road. It is composed of red volcanic rhyolite with a small amount of what local winemakers call Tonschiefer, or clay slate. It made me think of the surface of Mars! Together with this precipitous south-facing slope, it surely leads to that special personality of the wines. GHB has almost 3 hectares of Riesling planted in the Rotenberg and the ground has been cleared and prepared to plant another 1 hectare, because we believe in it. Considering I never had a bottle of Rotenberg Riesling in my extensive cellar I’d say it counts as a lost world of wine!

Wir stiegen aus dem Jeep und als ich vergeblich versuchte ein scharfes Bild von Karsten, trotz heftigem Wind zu knipsen, zeigte er mir den Fels, wo er an der Straßenkante freigelegt ist. Er besteht vorwiegend aus rötlichem vulkanischen Rhyolit mit etwas Tonschiefer. Es hat mich an die Marsoberfläche erinnert! Zusammen mit diesem nach Süden exponierten Steilsthang, führt es zu diesem besonderen Wesen des Weins. GHB besitzt fast 3 Hektar Reben hier und wird bald noch 1 Hektar dazu pflanzen, weil wir daran glauben. In Anbetracht der Tatsache, dass ich nie eine Flasche Rotheberg in meinem weitläufigen Weinkeller hatte, würde ich sagen, es ist eine wahre verlorene Welt des Weins!

#GHBismyDRC  

#GHBistmeinDRC

 

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Eppstein Wine Diary: Day 2 – WEIN WEIBLICH The Movie Seeks The Superstar / WEIN WEIBLICH sucht den Superstar

This could be you!

I am a small part of the documentary movie WEIN WEINBLICH or Wine Women team. We – Christoph Koch, Gunnar Swanson and I – are seeking a young female winemaker who is studying at the Geisenheim Wine University to be one of the stars of this movie. There is no age limit and you don’t have to be from a wine background, nor do you need to look anything like a Hollywood movie star! Because fluency in the German language is a requirement the German version of this announcement precedes the English version. 

WEIN WEIBLICH sucht den SUPERSTAR

Stuart Pigott sucht das größte Nachwuchstalent unter den angehenden Winzerinnen an der Uni Geisenheim!

„Wein Weiblich“ ist ein Dokumentarfilm in Spielfilmlänge (100 Minuten plus) für den wir eine Jungwinzerin suchen, die Studentin an der Hochschule Geisenheim ist.

Ihre Aufgabe: Sie muss einen eigenen Wein machen.

Die Vorgabe:   Trockener Riesling, Jahrgang 2018 (min. 300 Liter).

Vom ersten Rebschnitt bis zur Abfüllung begleiten wir Sie mit der Kamera. Im großen Finale findet eine Blindverkostung mit allen Weinen der Protagonisten statt. Mit dabei sind die Winzerinnen Dr. Eva Vollmer, Katharina Wechsler, Silke Wolf (Shelter Winery), Theresa Breuer und der Weinkritiker Stuart Pigott, der für dieses Projekt auch einen eigenen Wein kreiert. Am Besten haben Sie genauso viel Spaß an der Sache wie wir. Dann wird es richtig gut! Bitte nicht vergessen: wir sind NICHT in Hollywood! Unser Ziel ist so nahe wie nur möglich an die gegenwärtige Realität des Weinbaus zu kommen!

Am 31.01.2018 findet unser Casting an der Hochschule Geisenheim statt. Sie müssen sich und Ihr Weinbauprojekt „Trockener Riesling 2018“ vor uns und der laufenden Kamera präsentieren (max. 10 Min., jede Teilnehmerin bekommt einen eigenen Termin).

Alle Bewerbungen bitte an folgende E-Mail: casting@wein-weiblich.de

Wir nehmen max. 20 Bewerbungen an. Die ersten 20 Bewerberinnen werden berücksichtigt und bekommen einen Termin am 31. Januar. Die Dreharbeiten beginnen mit dem Casting und enden im Sommer 2019 (ca. 8-10 Drehtage für Sie insgesamt)

Sie erhalten zwar kein Geld, aber werden zum SUPERSTAR!

Stuart Pigott und das WEIN WEIBLICH Filmteam freuen

sich auf Sie.

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WEIN WEIBLICH seeks the SUPERSTAR

Stuart Pigott seeks the best new winemaker talent amongst the female students of Geisenheim!

„Wein Weiblich“ is a documentary film of feature film length (100 minutes plus) for which we are seeking a female student at the Hochschule Geisenheim.

Your task:                     to make your own wine

The parameters:          dry Riesling, 2018 vintage (minimum quantity 300 liters)

From the pruning of the vines to the bottling of the finished product our camera will follow how you make your wine. The finale of the film will be a blind tasting in which the wines of all the protagonists will be included. This means that your wine will stand next to those made for our film by Theresa Breuer, Silke Wolf (Shelter Winery) Dr. Eva Vollmer, Katharina Wechsler and the wine critic Stuart Pigott. Ideally you will have as much fun doing all this as we will filming it. Then the results will be really good. Please don’t forget that this is NOT Hollywood! Our goal is to get as close to the contemporary reality of winemaking as possible!

The 31.01.2018 is the casting day for this role and the casting interviews will take place at the Hochschule Geisenheim. You must then present yourself and your dry Riesling 2018 project to us in front of the running camera (maximum 10 minutes per candidate, each of whom get an appointment to prevent long waiting times).

Please send your application to the following email address:

casting@wein-weiblich.de

Unfortunately we can only accept 20 applications, since this is the maximum number of casting interviews we can on 31.01.2018. Therefore it is important to apply as soon as possible. Shooting begins with the casting interview and extends through to the end of the summer 2019 (in total you can expect c. 8-10 days shooting).

Sadly, we can’t pay you for all this,

But it’s your chance to become a SUPERSTAR!

Stuart Pigott and the WEIN WEIBLICH film team look forward to working with you!

Wein Weiblich

 

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Meine Entdeckung von Günther Steinmetz von Frank Ebbinghaus

Mit wärmsten Empfehlungen hatte ich einen Sixpack zum Probieren bekommen. Von einem Weinfreund, der einen übrig hatte, weil er versehentlich doppelt bedacht worden war. Bedacht von wem? Von einem Mosel-Winzer, den ich nicht kannte. Mosel finde ich immer spannend. Aber in diesem Fall war meine Neugier etwas gedämpft. Nicht wegen der langweiligem Etikett mit einem Allerweltsnamen drauf, sondern weil mir das Loblied auf die Rieslinge des Weinguts Günther Steinmetz (Brauneberg/Mosel) schon aus allen Ecken des World-Wide-Web entgegengeschwirrt war. Mir scheint alle, wirklich alle haben die Steinmetz-Weine probiert und finden sie toll. Eine Blase. Konsensweine sind aber nicht mein Ding.

Ich schob die Weine also erst mal in meinen Büro-Kühlschrank und spielte auf Zeit. Dann hat der Klimek über Steinmetz geschrieben (http://www.thewineparty.de/2015/09/stefan-steinmetz-guenther-steinmetz-riesling-schiefer-mosel-mineralisch/), und zwar so kreuzbrav, dass ich erst recht keine Lust mehr hatte. Die Flaschen blieben in meinem Büro, aber das war kein Zustand. Ungute Schwingungen bereiteten sich von dort aus und beeinträchtigten meine Arbeit. Ich beschloss, die Flaschen mit nach Hause zu nehmen und sie dort aufzureißen. Probieren, wegschütten, vergessen: Das war der Plan. Ich habe sie dann aber leergetrunken, alle, keinen Tropfen gespuckt. Von den sechs Flaschen war nur eine dabei, die mich nicht völlig begeisterte. Aber auch sie habe ich bis zum letzten Schluck geleert. Später mehr dazu.

Dann habe ich den Winzer Stefan Steinmetz (Weingut Günther Steinmetz, Brauneberg/Mosel) angerufen und ihn gefragt, wie man ohne die üblichen, Aufmerksamkeit erregenden Rituale zu bedienen (z.B.: Orange-, Naturweine, neues Holz, Porno-Etiketten, Amphoren im Weinberg vergraben und den Vollmond anheulen undsoweiter), ja, diese sogar lässig unterlaufend und nur auf die Flüssigkeit als solche setzend zu einem Blogger-Liebling werden kann.

Das ist keine Frage, die ihn bewegt. Vor fünf, sechs Jahren habe er mit Facebook angefangen und sich in zahlreiche Weindiskussionsrunden eingeklinkt. Seine Weine fürs WWW entdeckt habe der ehemalige Blogger Christian Seegers. So kam eins zum anderen. Ein internetaffiner junger Winzer, also, ohne erkennbare Marketingstrategie. Am Telefon wirkt Stefan Steinmetz gut sortiert und klar im Kopf. Er hat präzise Vorstellungen von moseltypischem Riesling. „Der traditionelle Moselstil war nie süß, sondern trocken bis feinherb“, weiß er. Und so schmecken auch seine Weine. Im Keller übernehmen die natürlichen Hefen das Kommando, lediglich die Gärtemperatur wird kontrolliert, damit die Gärung nicht zu heftig abläuft. Fetteres Lesegut kommt ins Stahl, feineres, säurestärkeres ins Holz. Auf die Säurewerte achtet Stefan Steinmetz grundsätzlich nicht, auch ist ihm egal, ob die Weine analytisch „trocken“ werden oder nicht. Harmonie und Typizität sind ihm wichtig. Und nicht nur in dieser Hinsicht sind seine 2014er richtig gut gelungen. Kaum einer der probierten Weine hat mehr als zwölf Prozent Alkohol. Aber alle schmecken richtig trocken, besitzen viel Spiel, das der tollen Schieferwürze und den feinen Fruchtaromen Raum zur Entfaltung gibt. An den Steinmetz-Rieslingen ist nichts übertrieben, sie sind herrlich ausgewogen, moselanisch zart und kraftvoll zugleich. Das Zehn-Hektar-Weingut verfügt über Besitz in einer Reihe von Spitzenlagen wie Brauneberger Juffer, Wintricher Ohligsberg oder Piesporter Goldtröpfchen, die jedem Wein Klasse und Individualität verleihen.

Zart, mineralisch (dieses Wort gehört einfach hierher) und fast trocken schmeckt der 2014 Brauneberger Juffer Riesling Kabinett feinherb, dessen etwas rustikale Säure sich nach längerem Luftkontakt harmonisiert – ein schöner Sommerwein. Der 2014 Brauneberger Riesling riecht verhalten nach gelben Pflaumen und Pfirsich, schmeckt sehr saftig und entwickelt durch die lebendige Säure einen kräftigen mineralischen Zug. Viel weiße Pfirisichfrucht mit einem Hauch Litschi und zarten Kräuternoten zeigt hingegen der 2014 Wintricher Geyerslay Riesling Sur Lie, der trotz seiner feinen Cremigkeit kühl und elegant daherkommt. Etwas aus dem Rahmen fällt der 2014 Brauneberger Juffer Riesling -HL-, der fast ein wenig streng nach Safran schmeckt. Am besten gefielen mir zwei Weine, die unterschiedlicher kaum sein können. Während der 2014 Piesporter Goldtröpfchen Riesling -GP- mit seiner reifen fokussierten Säure geradezu unwiderstehlich nach der Haut eines reifen Pfirsichs schmeckt, ist der 2014 Wintricher Ohligsberg Riesling ein von Nebel umwaberter Berg, dessen gewaltige Ausmaße sich erst mit der Zeit erweisen werden.

Bevor der super-duper, bereits jetzt gehypte (ohne dass jemand probiert hätte) Jahrgang 2015 an den Start geht und die auf ihn vielstimmig gesungenen Hymnen bald alles vergessen machen wollen, was vorher war, sollten wir uns noch einmal zurücklehnen und bei einer Flasche Steinmetz-Riesling den Jahrgang 2014 hochleben lassen.

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Riesling Revelations 2015 – Die größte Riesling-Offenbarungen des Jahres von Stuart Pigott

Im vergangenen Jahr verursachte die Bekanntgabe meiner Riesling-Revelations, bzw. Offenbarungen einige Aufregung. Deshalb hatte ich keinen Zweifel, die Vergabe dieser Auszeichnungen zum selben Zeitpunkt in diesem Jahr zu wiederholen. Letztes Jahr kamen alle Gewinner aus Nordamerika, dieses Mal entschloss ich mich, einfach die aufregendsten und innovativsten Rieslinge herauszupicken, die ich im Laufe des Jahres verkostet habe. Dabei habe ich mich wieder an den vier Kategorien der International Riesling Foundation (IRF) orientiert: Dry – Trocken / Medium Dry – Feinherb / Medium Sweet – Zartsüß / Sweet – Süß. Mitunter fiel mir die Wahl sehr schwer, deshalb gibt es einen offiziellen Zweitplatzierten in der Kategorie Dry – Trocken.

Natürlich bin ich wieder sehr interessiert an Ihren Reaktionen. Leider ist es unmöglich, alle Importeure aufzulisten, die diese Weine rund um den Planeten Wein vertreiben, aber diese Informationen sind über das Internet leicht zugänglich.

RIESLING REVELATION 2015 DRY – TROCKEN:

2014 Watervale Riesling

Mitchell (Clare Valley, Südaustralien)

Nicht völlig zu Unrecht werfen Sommeliers und Konsumenten in Amerika und anderswo australischen Riesling-Erzeugern vor, extreme Weine zu produzieren. Wegen ihres besonderen Stils – knochentrocken und säurebetont, kombiniert mit intensiven Zitrusfruchtaromen – sind diese Weine in ihrer Jugend oft eine echte Herausforderung, weshalb ich diese Rieslinge oft auch als Bladerunner-Weine bezeichne. Verantwortlich für die hohe Säure wie für die spezielle Aromatik sind die intensive Sonneneinstrahlung, das enorme Tag-Nacht-Temperaturgefälle und die sehr trockenen australischen Sommer. Deshalb wird oft behauptet, diese Weine bräuchten etwas Süße, aber das erscheint mir eine allzu leichte Lösung. Dieser Wein beweist hingegen, dass höhere Eleganz auch erreicht werden kann ohne Süße oder irgendeinen anderen Trick, der die fundamentale Persönlichkeit dieses Weines verändern würde. Dieser trockene Riesling ist der beste, den die Familie Mitchell seit ihrem ersten Jahrgang 1977 erzeugte. Die Aromen von Passionsfrucht Melone und tropischen Blüten wirken in Kombination mit den leicht hefigen (meinst du das mit „funky“?) Noten der Spontanvergärung noch aufregender. Spüren Sie der komplexen Textur und Saftigkeit dieses Rieslings nach, genießen Sie das elegante, delikate mineralische Finale, um herauszufinden, warum der 2014 Watervale Riesling diese Kategorie gewinnen musste.

Etwa $ 22 in Australien, aber leider noch nicht in Deutschland erhältlich.

Direkte Kontakt: www.mitchellwines.com

Zweiter Platz RIESLING REVELATION 2015 DRY – TROCKEN:

2014 Riesling „239“

Boundary Breaks (Finger Lakes, New York)

Bis vor kurzem hatte ich immer, wenn ich trockene FLX (Finger Lakes) Rieslinge in Upstate New York probierte, das Gefühl, ihnen fehle es an Reife, um weltweit in der ersten Liga der trockenen Rieslinge mitzuspielen. Die einzige, aber häufige Ausnahme war Herrmann J. Wiemer von der Westseite des Lake Seneca. Doch mit den letzten Jahrgängen hatte eine kleine Handvoll anderer Winzer bewiesen, dass sie aufgrund hervorragender Weinbergsbewirtschaftung und später Lese ebenfalls imstande waren, diesen Kunstgriff hinzubekommen. Bruce Murrays erster Jahrgang war 2011. Dieser Wein stammt also erst aus der vierten Lese dieses Weinguts, das am Ostufer des Lake Seneca zu Hause ist. Weil Bruce die Lese bis zum 28. Oktober herauszögerte, konnte er perfekt reife, goldene Rieslingtrauben ohne jede Fäulnis lesen. Es war dann Kelby Russell von Red Newt Cellars (siehe unten), der mit seinem großen Gespür für Balance diesen bahnbrechend vollen, cremigen und würzigen trockenen FLX-Riesling vinifizierte. Das Resultat ist ein Wein so weit außerhalb aller FLX-Kategorien, dass ihm sicherlich beides widerfahren wird, wenn er am 16. März 2016 in den Verkauf kommt: Höchstes Lob und tiefste Verdammnis.

Um $19 in die USA, aber leider noch nicht in Deutschland erhältlich.

Direkte Kontakt: info@boundarybreaks.com, www.boundarybreaks.com

RIESLING REVELATION 2015 MEDIUM DRY – FEINHERB:

2014 Riesling Kabinett feinherb „Rotlack“

Schloss Johannisberg (Rheingau, Deutschland)

Wie kann ein Riesling des weltweit berühmtesten Erzeugers dieser Rebsorte eine Entdeckung/Enthüllung sein? Schloss Johannisberg ist international bestens bekannt für seine restsüßen Riesling Spätlesen, und seit Christian Witte 2005 Gutsdirektor wurde, erstrahlen die Weine dieser Kategorie in neuem Glanz (halten Sie unbedingt Ausschau nach der erstaunlichen 2013 Riesling Spätlese „Grünlack“!). In jüngster Zeit ist das Riesling Großes Gewächs (GG) „Silberblack“ in die erste Liga der trockenen Rheinweine aufgestiegen (der Jahrgang 2014 ist der vielleicht bisher beste). Weniger gesucht und bejubelt werden die „normalen“ Weine von Schloss Johannisberg wie dieses Meisterwerk, das mit seiner sehr feine Pfirsichnote und große Finesse das perfekte Getränk für eine Verführung oder eine vornehme Konversation ist. Mit gerade 10,5% Alkohol ist das ein großartiger Wein, von dem man locker eine ganze Flasche trinken kann und sich dem Verlauf einer intensiven Gesprächs oder einer Verführung gewachsen fühlen kann.

Durchschnittlicher EVP in Deutschland: Euro 22,-.

Direkte Kontakt:  www.schloss-johannisberg.de

RIESLING REVELATION 2015 MEDIUM SWEET – ZARTSÜß:

2014 Riesling „Circle“

Red Newt Cellars (Finger Lakes, New Yok)

Der Grund, weshalb ich diesen Wein auszeichne, liegt in der Kombination aus Weinqualität, der Produktionsmenge von 36.000 Flaschen und dem erstaunlich freundlichen Endverbraucherpreis von $13. Wie konnte der mengenmäßig größte und preiswerteste Riesling von Big Newt Cellars so gut werden? Hauptgrund ist, dass die meisten Weinberge, aus denen die Trauben stammen – das Weingut selbst besitzt selbst keine einzige Rebe – nach hohen Standards bewirtschaftet werden. Hinzu kam herausragendes Wetter im Herbst, das es Weinmacher Kelby Russell erlaubte, die Trauben für diesen „einfachen“ Wein erst Ende Oktober zu lesen. Sie gärten sehr langsam, und der fertige Wein blieb bis zum Abstich, Filtrierung und Abfüllung zehn Monate auf der Vollhefe. Dieser Riesling wird nicht vor Mai/Juni 2016 in den Handel kommen, was bedeutet, dass er seinen Weg zum Konsumenten in optimaler Form antritt. Seine Aromen reichen von Pfirsich und Aprikose bis zu Rauch und Grapefruit. Der Wein ist gerade so süß, dass er in diese Kategorie passt, verfügt aber über eine vollmundige Saftigkeit, der ein super-frische Abgang folgt. Kurz: Dieser Riesling ist wunderbar!

Etwa $13 in die USA, aber leider noch nicht in Deutschland erhältlich.

Direkte Kontakt: www.rednewt.com

RIESLING REVELATION 2015 SWEET – SÜß:

2014 Wolfer Goldgrube Riesling Spätlese

Daniel Vollenweider (Mosel, Deutschland)

Im Jahr 2000 wurde Daniel Vollenweider der erste nicht-deutsche Winzer an der Mosel. Ich werde nie vergessen, wie mich vor zehn Jahren ein deutscher Kollege bat, einen aufregenden neuen Winzer zu nennen und er, als ich ihm diesen jungen Schweizer empfahl, voller Verachtung fragte: „Wer ist Daniel Vollenweider?“ Aber kaum, dass er dessen Weine probiert hatte, rühmte er ihn plötzlich als neuen Star des Mosel-Rieslings. Natürlich ist er nicht mehr so neu, aber er hat seinen Weg, die Grenzen für trockenen wie restsüßen Riesling auszureizen, kontinuierlich fortgesetzt. Und dieser Wein ist eine der aufregendsten jungen Riesling Spätlesen von der Mosel, die ich je probiert habe. Er ist bis zum Rand mit Aromen aller möglichen weißen und gelben Früchte sowie mit floralen Noten vollgepackt, er bebt vor reifer Säure und saftiger Süße. Er schmeckt schlicht und ergreifend köstlich. Aber so wie Die Macht hat dieser Wein eine dunkle Seite. Die gibt ihm einen gefährlichen Kick, den andere Weine dieser Kategorie vermissen lassen.

Durchschnittlicher EVP in Deutschland: Euro 20,-.

Direkte Kontakt:  www.weingut-vollenweider.de

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Colares, Ramisco und ein 103 Jahre alter Winzer, von Frank Krüger

Vor ein paar Jahren erzählte mir ein italienischer Sommelier von der sagenumwobenen portugiesischen roten Rebsorte „Ramisco“ aus Colares – eine Art Pinot Noir mit geringerem Alkohol, mehr Säure, mehr Tannin und im Charakter wilder als der heftigste Pommard. Die Traube würde direkt am Atlantik nordwestlich von Lissabon angebaut, salzig und kühl durch die Meeresbrise, aufgrund der sechs Meter tiefen Sandböden von der Reblauskrise verschont und somit nicht veredelt. Reifepotential: Jahrzehnte!
Die Diktatur von Salazar, mühselige Handarbeit und die charmante Lage am Meer (ein begehrter Standort für die Feriendomizile der Lissabonner) hätten die Appellation auf ein paar Hektar zusammenschrumpfen lassen.

Die Geschichte ließ mir keine Ruhe und ich flog mit zwei Weinfreaks im Januar 2015 nach Lissabon. Wir hatten einen Termin bei einem der letzten übrig gebliebenen Weingüter, „Viúva Gomes“. José Baeta, ein Mitglied der Besitzerfamilie, empfing uns in der beeindruckenden alten Halle der Adega. Nach einigen Basisweinen verkosteten wir den reifen Ramisco.

Der 1967iger Ramisco war krass: Getrocknete eingekochte Früchte, ätherisch, enorm mineralisch, salzig, erdig, eisenhaltig, blutig, dabei mit heftiger Säure, saftig und lang. Während wir verkosteten, erzählte José von einem anderen Winzer in Colares: Baron von Bruemmer, 103 Jahre alt, deutschstämmig. Ende der 1960iger kam er nach einer hoffnungslosen Krebsdiagnose gemeinsam mit seiner Frau nach Colares, um in dieser wundervollen Natur in Ruhe sterben zu dürfen. Es kam anders, von Bruemmer starb nicht und gründete mit 96 Jahren sein eigenes Weingut. Hier und da verkaufe er ihm ein Fass, berichtete José, allerdings würde der Baron die Qualität vorher mit seinem Pendel begutachten.

Zurück in Berlin ließ mich der 103jährige Winzer Baron Bodo von Bruemmer nicht mehr los. Ich checkte alle Fakten über von Bruemmer – Josés Geschichte stimmte.

Ende August 2015 flog ich erneut gemeinsam mit zwei Berliner Weinfreaks nach Lissabon und weiter nach Colares, um das Weingut, seine Weine und den Baron selbst kennenzulernen. Wir hatten es tatsächlich geschafft, einen Termin mit ihm zu vereinbaren.

António Figueiredo, einer seiner Winemaker, empfing uns auf diesem wunderschönen Weingut hoch über Colares – bisher keine Spur von dem alten Baron.

Antonio führte uns durch die Weingärten: Ramisco, Malvasia, Arinto, Chardonnay, Pinot Noir, Merlot, Touriga und sogar Riesling. Aufgrund der hohen Feuchtigkeit sei Fäulnis in der Region ein großes Problem, meinte Antonio, exakte Weinbergsarbeit deshalb enorm wichtig. Die Vegetation im Garten rund um die Weinberge war wunderschön: Palmen, wilde Rosen (von Bruemmers Frau liebte Rosen), alte Brunnen, eine Kapelle mit Azuleijos Kacheln.

Im Weinkeller verkosteten wir seine Weißweine aus dem Fass:

Fantastischer 2014er Chardonnay (Lisboa): Tropisch, Zitronenschalen im Auftakt, aber dann eng, mineralisch und salzig zumachend.

Der 2014er Malvasia (Colares DOC) beeindruckte mit Zitrusaromen, Orangenschalen, Akazienhonig und feinem nussigem Schmelz im Abgang.

Der rote Ramisco 2006 (Colares DOC) zeigte sich nach einigen Jahren Flaschenreife mit wilder Kirsche, rauchig, mineralisch, ätherisch mit seidigen Tanninen und präsenter Säure. Ramisco braucht allerdings viel Zeit.

Wir verkosteten sogar einen maischevergorenen Malvasia, aber nicht, weil die aktuelle Weinwelt diese Stilistik vorschreibt, sondern weil der Baron in alten Schriften von dieser Technik gelesen hatte.

Nach ca. 3 Stunden Weinberg und Keller hatte endlich Bodo von Bruemmer seinen Auftritt. Was folgte, waren 103 Jahre gelebte Geschichte und eine Zusammenkunft, die weit über das Thema Wein hinausging:

Guten Tag! Herr Krüger aus Berlin, richtig? Ich habe mal in Berlin gewohnt, am Kaiserdamm, zwischen den beiden Weltkriegen. Gestatten, Bodo von Bruemmer, 103 Jahre, Weltkriege & Revolutionen in Russland und Portugal überlebt, Gründer der Herstatt-Bank, Züchter von Araber Hengsten, heute Winzer.

Wir wollten unbedingt erfahren, wie ein 96-Jähriger auf die Idee kam, Wein zu machen. So berichtete der Baron von seinem Leben und seiner Ankunft in Portugal:

Wissen Sie, ich kam zum Sterben nach Lissabon. Die Ärzte diagnostizierten bei mir in den 1960igern in Zürich Pankreaskrebs und gaben mir noch einige Wochen zu leben. Ich dachte, ich suche einen charmanten Ort für meine Frau, damit sie es schön hat, wenn ich nicht mehr bin. Wir stolperten über eine FAZ-Anzeige, kamen am Flughafen in Lissabon an und ich wusste sofort – hier bin ich zuhause. Meine Frau roch allerdings nur Kerosin! Wir kauften dieses Grundstück hier in Colares. Es waren anfangs nur ein paar Steine! Ich begann Rosenwasser zu trinken und eine Woche verging. Ich starb nicht. Eine zweite Woche verging. Ich starb nicht. Monate vergingen. Ich starb nicht. Irgendwann vergaß ich meine Diagnose und begann, mich um andere Dinge zu kümmern. Ich nahm wieder mein Bankerleben auf und begann, Araber-Hengste zu züchten. Ich gewann Rennen in aller Welt, wir lebten wie ein fahrender Zirkus, das war schon lustig, Herr Krüger. Doch die Katastrophe, der Tot war immer präsent.

1994 starb seine Frau und die Pferdepest rafft seine Hengste hinweg. Der Baron lebt weiter.

Wissen sie, sie dürfen nie aufgeben! Die Ärzte haben mich viermal als unheilbar krank diagnostiziert. Ich habe einen Tumor im Herzen, der sieht aus wie ein kleiner Atompilz. Er macht mir keine Angst mehr, man muss sich mit seinen Krankheiten anfreunden.

Mit jedem seiner Sätze spürt man seinen durchaus esoterischen Zugang zu leben und Existenz, der sich auch auf seine Idee von Wein auswirkt. Wirkliches Vertrauen hat „Mister Bodo“, wie ihn seine Mitarbeiter nennen, nur in sein Pendel. Seit 40 Jahren pendelt er jede Lebensentscheidung aus. Auch die Einstellung seines Mitarbeiters Antonio wurde ausgependelt. Andere Bewerber hatten exzellente Önologie-Diploma, aber das Pendel entschied sich für ihn – alles, was für den Baron zählt.

Mit 96 Jahren zwang von Brümmer eine schwere Operation in ein Züricher Krankenhaus. Als von Bruemmer aus der Narkose erwachte, war ihm klar: Er muss Wein anbauen in Colares!

Trotz Widerstand in der Familie und im Freundeskreis, ließ sich von Bruemmer nicht beirren. Er engagierte Berater, investierte eine Million Euro in seinen Keller, in dem früher seine Araberhengste überwinterten.

Geben sie nie auf, Herr Krüger!

Der Baron hat es geschafft, die Weine sind exzellent, haben Preise gewonnen, werden exportiert. Er schaut mich an und fragt mich, warum der deutsche Markt so schwierig sei für seine Weine. Vielleicht könne ich etwas für sein Weingut tun? Er lächelt, er ist ehrgeizig, seine Augen funkeln spitzbübisch. 10 Jahre müsse er noch leben, um alles auf den Weg zu bringen. Er hat das sicher ausgependelt. Er scheint das selbst in der Hand zu haben, und man nimmt es ihm ab.

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Schau zurück… von Frank Ebbinghaus

… und was siehst Du? Dich selbst, viel jünger. Wer warst Du damals? Derselbe wie heute? Schau genau hin! Jetzt kramst Du in Dir herum und suchst den Maßstab für einen Vergleich. Wo soll der herkommen? Aus Deinen alten Texten? Aus inneren Bildern oder aus Fotos? Frag Deine Freunde. Ihre Auskunft wird Dich enttäuschen. Greif zu dem Glas mit dem alten Wein vor Dir, rieche daran und trinke es langsam leer. Na, merkst Du es?

Wir sitzen in den Kurpfalz-Weinstuben und feiern das Ende einer legendären Ära. Nach mehr als 40 Jahren gibt Rainer Schulz das Lokal ab. Zum 1. November 2015 hat er es verkauft. Er bleibt seinen Gästen noch eine Weile als Gastgeber erhalten. Aber es ist nicht mehr sein Laden. Wir sitzen in Fußballmannschaftsstärke um einen Tisch. Die Getränkeversorgung ist zunächst eher zäh. Jemand hat die Idee, Großformate zu bestellen – ‘ne Magnum oder so. Gute Idee. Wir haben Durst. Rainer Schulz schleppt eine Methusalem an: sechs Liter 1997 Rüdesheimer Berg Schlossberg trocken von Georg Breuer (Rüdesheim/Rheingau). Ob wir die wirklich wollen? Klar, wir wollen jetzt schnell ganz viel trinken. Also her damit. Ich darf probieren. Ich rieche am Glas und – plopp!- schon bin ich weg. Ganz weit, irgendwo anders. Der Wein schmeckt enorm frisch und sehr mineralisch, ein klarer, kühler Gebirgsbach, in dem ich baden möchte, die Erinnerung an ein paar gelbe Früchte am Wegesrand und ein winziger Hauch Petrol, der in die Zukunft weist. Die Säure ist durchaus kräftig, der Wein aber perfekt balanciert. Es fällt mir schwer, meinen Schluckreflex zu kontrollieren.

Solche Weine wurden also schon in den 90ern gemacht. Vielleicht nicht oft. Aber es gab sie. Werden die hochgelobten Großen Gewächse der Gegenwart je so gut schmecken wie dieser Wein? So tänzelnd und kraftvoll, so grazil und fordernd zugleich? So ungemein komplex und doch erhabene Trinkfreude auslösend? Dieser Wein ist einer der größten trockenen Rieslinge, die ich je trinken durfte. Er zieht mich zurück in die Vergangenheit, in die Zeit als die Trauben für diesen Wein vielleicht gerade wuchsen. Ich saß mit einem Freund in den Kurpfalz-Weinstuben. Es war heiß. Vor uns ein Glas 1986 Kallstadter Saumagen trocken vom Weingut Koehler-Ruprecht. Und ich versuchte, den Freund zu missionieren. Der Wein schmeckte grauenhaft, offensichtlich eine schlechte Flasche. Aber ich pries ihn und seinen Winzer in höchsten Tönen, fand weder Maß noch Ziel. Der Freund hatte keine Ahnung von Wein und keinen Sinn dafür. Er schwieg, schaute an mir vorbei, während ich immer enthusiastischer meine Kennerschaft bewies, mich also, recht besehen, um Kopf und Kragen redete.

Es war nicht mein erster Besuch in den Kurpfalz-Weinstuben, aber mein furchtbarster. Weitere Erinnerungen steigen in mir auf, Gespräche, Gesichter, Gerüche und Geschmäcker. Alles trug sich hier zu. Und nichts hat sich in den Kurpfalz-Weinstuben seither verändert. Die dunkle Holztäfelung der Wände, die Wappen pfälzischer Weinbaugemeinden, die schmucklosen dunklen Holztische und –Stühle. Die Schoppenkarte aus Holz. Die hölzerne, an die Wand genagelte Speisekarte. Pfälzer Saumagen, Spießbraten, von Rainer Schulz persönlich zubereitet (nie habe ich hier jemanden Salat essen sehen), die gewaltigen Wurst- und Schinkenplatten. Die Gäste: überwiegend 75plus. Sabine, die aufmerksame, freundliche und zurückhaltende Bedienung. Rainer Schulz in Schürze und rotem Pullunder, der die Gäste unterhält und meist persönlich verabschiedet. Die imposante Weinkarte, auch eine Hommage an Bernhard Breuer und Koehler-Ruprecht/Bernd Philippi, deren Weine Rainer Schulz besonders verehrt. Der gewaltige Weinkeller, aus dem Rainer Schulz hin und wieder ganz unglaubliche Trouvaillen hervorzaubert. So habe ich es 20 Jahre erlebt

Das hat was Beruhigendes. Berlin wandelt sich in rasendem Tempo. Man selbst läuft irgendwie mit. Aber wohin? In den Kurpfalz-Weinstuben betrachtet man sich selbst aus einer entspannten Rückenlage. Das Tempo draußen, der Lärm, die Leute, die Hysterie – pah! nicht wichtig. Hier bin ich an einem Ort der Besinnung, ein Kloster, in dem es sehr fröhlich zugehen kann, aber stets hemdsärmelig-stilvoll. Rainer Schulz ist Hanseat. Nur die können das so.

Ich trinke den 1997er Berg Schlossberg in großen Zügen aus vollen Gläsern. Der Wein hat seine Geschichte, aber er ist nicht alt. So wie Rainer Schulz, der bald 77 wird, aber so lebendig und zackig wirkt wie eh und je. Und mit welcher Leichtigkeit er die Methusalem-Flasche schwingt. Wie er, wie die Kurpfalz-Weinstuben selbst sind wir weder alt noch jung, wenn wir hier sitzen, Gespräche führen, Wein trinken und Spießbraten essen. Unsere Lebenserfahrungen: Hier wird ihre Schwerkraft aufgehoben. Wir schweben in der Zeit.

Fotos von Gerhard Gneist.

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Unter Schweizerfahne: Das Weingut Hans Lang von Frank Ebbinghaus

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Von Winzer Ernst Loosen (Dr. Loosen/Bernkastel) stammt folgende Anekdote: Anfang der 90er Jahre klingelte sein Telefon: Ein Unbekannter orderte in breitem Schwyzerdütsch einige Kisten Riesling Auslese. Loosen habe sofort aufgelegt. Denn: Ein Schweizer, der damals Mosel-Riesling bestellte – das konnte nur ein Fake sein. Hier täuschte sich der welterfahrene Winzer. Der Bittsteller war echt und ließ nicht locker bis er seinen Wein bekam. Inzwischen baut er selbst in Graubünden Riesling an, von dem er schreibt: „Mit Verlaub: Man spricht deutsch“. Es handelt sich – mit Verlaub – um Daniel Gantenbein.

Während Gantenbein Riesling-Reben in die Schweiz einführte, um dort Mosel-Riesling herzustellen, erzeugt Daniel Vollenweider, ebenfalls ein waschechter Schweizer, Mosel-Riesling an der Mosel – und zwar der Spitzenklasse.

Neuerdings zieht es die Schweizer auch in das Rheingau. Damit endet dieser etwas holprige Einstieg. Und wir sind beim Weingut Hans Lang (Hattenheim/Rheingau), das 2013 von dem Schweizer Brieftaubenzüchter und Käser (mehr Klischee geht nicht! Oder bläst er auch das Alphorn?) Urban Kaufmann und dessen Lebensgefährtin Eva Raps, der langjährigen Geschäftsführerin des Verbandes deutscher Prädikatsweingüter (VDP), übernommen wurde.

Hans Lang? Hat jeder Riesling-Fan bestimmt schon mal gehört. Aber auch probiert? Ich jedenfalls nicht, abgesehen von zwei gereiften Weinen an einem heißen Berliner Sommerabend nach einer anstrengenden Rotweinprobe. Sie schmeckten mir nicht, aber das zählt nicht. Stuart schreib über dieses Weingut in seinem Buch „Die führenden Winzer und Spitzenweine Deutschlands“, Econ Verlag, Düsseldorf 1997: „Hans Langs Weine sorgen nur selten für Schlagzeilen und sind vielleicht nicht unbedingt der Stoff, aus dem die Träume sind, aber sein Betrieb ist eine zuverlässige Quelle für gut gemachte trockene Rheingau-Rieslinge …“. Eine gute Begründung, warum die Weine bisher unter meinem Radar blieben.

Jetzt aber haben Urban Kaufmann und Eva Raps ihren ersten Jahrgang erzeugt und gleich eine den Aufbruch schon optisch bezeugende Sonderedition aufgelegt. Das Etikett ziert die Farben der Schweiz auf goldenem Grund sowie den Namenszug „Kaufmann“. Und ein Wein heißt auch noch „Tell“ oder, wenn man den Schriftzug auf dem Etikett als zusammenhängenden Text liest: „kaufmann tell Rheingau Riesling“, was ja, wenn man von einer kleinen Konjugationsschwäche des Englischen absähe, eine echte Ansage wäre.

Aber großes Gedöns ist nicht die Sache des Jungwinzerpaars. Sie gehen es bescheiden an: Keine gigantischen Investitionen, kein pompöser, von einem flying winemaker kreierter neuer Weinstil. Urban Kaufmann und Eva Raps sind ins kalte Wasser gesprungen (am Rand hielt der freundschaftlich verbundene Hans Lang den Rettungsring bereit). Mit schweizerischer Bedachtsamkeit gehen sie Schritt für Schritt voran, um Weine zu machen, die sie mögen und für typisch Rheingau halten: „klar, präzise und elegant“.

Drei Weine sind so bisher entstanden. Sie sollen zeigen, wohin die Reise geht. Und das tun sie auch, wenngleich recht unterschiedlich. Der 2014 Kaufmann Rheingau Riesling empfängt einen mit seinem feinen Bratapfelduft, die kräftige Säure ist gut integriert, eine zarte Mineralität lädt ein zum Trinken – ein erfrischender Wein, der allerdings auch etwas einfach ausgefallen ist und nach drei Tagen aus der offenen Flasche genossen zunehmend rustikaler wirkt und abbaut.

Einen Quantensprung stellt der 2014 Kaufmann Tell Rheingau Riesling aus Hattenheimer Spitzenlagen dar. Der Wein hält eine kühle, jederzeit elegante mineralische Spannung, wie man sie sich von trockenen Rheingau-Rieslingen wünscht. In der Nase ein Hauch gelber Früchte und ein sehr feiner Anflug von Süße, die von reifen Trauben stammt. Ansonsten ist der Wein zunächst etwas zugeknöpft, zeigt aber unter Lufteinfluss noble, kühle Steinfrucht und einen sehr animierenden mineralischen Abgang. Nach einer Woche schmeckt der Tell nach Mirabellen und einer hellen, an Tabak erinnernde Würze, die sich mit der präsenten mineralischen Säure bestens verbindet. Der Tell hat Potential.

Eindeutig in der Liga der Großen Gewächse (GG) spielt der 2014 Kaufmann Wisselbrunnen Riesling. Es ist ein Wein, der sich mit Schweizer Bedächtigkeit (um dieses Klischees jetzt totzureiten) am Gaumen entwickelt und vor einem langen Leben steht. Dieser Spitzenwein ähnelt dem Tell, nur weist er eine weit höhere Komplexität und Tiefe aus. Auch hier sind die Aromen gelber Früchte im Moment mehr zu erahnen als zu schmecken, aber sie sind einen Tick reifer als beim Tell (der Wisselbrunen hat 12,5% Alk., die beiden anderen Weine je 12 %), aufgrund einer geradezu steinigen, aber nicht aufdringlichen Mineralität ist das Geschmacksbild noch nobler. Die mineralische Säure trägt alles, sie ist nie spitz und gibt dem Wein trotz seiner Reife und Kraft auch Zartheit und Tiefe. Nach einer Woche hat sich der Wisselbrunnen in der halbvollen Flasche im Schneckentempo weiterentwickelt. Er duftet nun deutlich nach gelben Pflaumen ohne zu viel Süße, entwickelt am Gaumen eine feine Würze sowie eine vibrierende Lebendigkeit und Vielschichtigkeit. Mit 25 Euro pro Flasche ab Hof ist der Wisselbrunnen für Rheingau-Verhältnisse recht fair bepreist (der Rheingau Riesling kostet ab Hof 9,50 Euro, der Tell 16,50).

Hier zeigt ein Jungwinzerpaar eine deutliche Handschrift. Diese ersten Ergebnisse sind umso beeindruckender als der Jahrgang nicht eben einfach war. Urban Kaufmann und Eva Raps sollten den eingeschlagenen Weg, elegante klassische Rheingau-Rieslinge zu erzeugen, entschlossen weitergehen. Der Hitze-Jahrgang 2015 hält die nächste große Herausforderung bereit.

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