Weintelegramm 64

„Wo sind wir jetzt, verdammt noch mal?“, fragte ich mich letzte Woche in Budapest. +++ Nachdem wir zuerst durch eine Billardhalle, ein Pizza-Restaurant und einen Fitness-Club im Goldcenter (www.goldcenter.hu) gewandelt sind, erwartete uns ein überraschend gutes Mittagessen im Bistro. +++ Danach ging es zurück in die Billardhalle, wo uns im Separee der Chef des Hauses, József Szentesi, empfing. ++ Neben der Führung von Gold Centre ist dieser auch als Underground-Winzer im unbekannten Nadap im Gebiet Etyek-Buda (www.kezmuvesborok.hu) tätig. +++ Es dauerte eine Weile, bis József Szentesi es schaffte, die Düsenjet-Lüftung im Raum auszuschalten, aber dann kamen eine Reihe sehr gewagter, eigenständiger Weine, die mich und die Geisenheimer Studenten, mit denen ich mich auf Exkursion in Ungarn befand, in absolutes Staunen versetzten. +++ Szentesis trockener weißer 2007ER EZERJÓ (die Rebsorte) hat mir fast den Schädel weggeblasen. +++ Oder wie Stefanie es formulierte: „Er riecht stark, aber schmeckt doppelt so stark!“ +++ Um diese atemberaubende Reife (eine wahre Honigwolke) zu erzielen, arbeitet Szentesi mit Erträgen von 300 bis 600 Gramm pro Rebstock. +++ Noch erstaunlicher fielen die noch nicht kommerzialisierten Rotweine aus der autochtonen Rebsorte Kadarka und der fast in Vergessenheit geratenen Sorte Csoka aus. +++ Szentesis Ziel ist die Wiederherstellung der 1880 berühmten und begehrten Buda Cuveé aus 2/3 Kadarka und 1/3 Csoka. +++ Johannes hatte am Verkostungstisch (Gott sei Dank kein Billardtisch) einen Versuchsverschnitt gemacht, der genial schmeckte, tolle Kirschduft, wilde erdig Note, enorme Kraft und Gerbstoff, aber trotzdem schlank und lebhaft. +++ „Es ist kein Burgunder und es ist kein Bordeuaux, es ist ein Wein für sich!“, sagt Szentesis. +++ Und wir waren uns einig: Wir haben die Wein-Zukunft Ungarns geschmeckt.

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