Weintelegramm 73

Viele Weinfreunde glauben, dass der Weinbau etwas Herrliches sei und auch ich bin von der Sache nach wie vor begeistert, aber wie alles hat auch er seine Schattenseiten. +++ Endlich hatte ich meine lange Grippe überstanden und auch die postnatale Schriftsteller-Depression (mein neustes Buch WEIN WEIT WEG wird gerade gedruckt), als ich gestern in meinen Weinberg fuhr und dort einen richtigen Schock erlebte. +++ An einer Stelle „meiner“ Parzelle in der Lage Hasennestle im Taubertal gab es eine recht heftige Peronospera- (Fachbegriff für falscher Mehltau) Infektion. +++ Egal, ob ökologisch oder konventionell, muss jeder Winzer gegen diesen äußerst destruktiven Pilz, oft „Pero“ genannt, regelmäßig spritzen. +++ Mein Verpächter, Christian Stahl von Winzerhof Stahl in Auernhofen/Franken, hat auch tüchtig gespritzt, aber wochenlang herrschten ideale Bedingungen für die Ausbreitung von „Pero“. +++ Schnell habe ich das infizierte Laub entfernt (es waren fast nur Geiztriebe, bzw. Seitentriebe, deren Blätter nicht so kritisch für die Reifung der Trauben sind) und heute haben wir gespritzt. +++ Glücklicherweise hat sich das Wetter zum Trockenen, Sommerlichen hin gewendet, wenn das anhält, wird der Pilz eintrocknen und ich habe noch einmal Schwein gehabt! +++ Die letzte Nacht habe ich ein wirres Zeug geträumt, was vielleicht neben „Pero“ mit dem Stanley-Kubrick-Film „Dr. Seltsam“, den wir gestern Abend angeschaut haben, zu tun hat. +++ Aber vielleicht hat es auch mit dem 2007 LUMP RIESLING GROßES GEWÄCHS von Horst Sauer in Escherndorf/Franken zu tun, den wir getrunken haben. +++ Es war ein heftige Kombination von schattig (der Films handelt von der Weltvernichtung) und sonnig (der Wein hat eine geniale Reife und Feinheit). +++ Christian Stahl bleibt optimistisch, was den kommende Herbst betrifft, regt sich aber etwas über manche Weinjournalisten auf, die schon Prognosen für den Jahrgang 2009 geben. +++ Nach meiner Rechnung habe ich noch mindestens 50 Tage bis zur Lese, und während dieser Zeit kann noch alles mögliche passieren.+++ Mir wäre es viel lieber, wenn mein Wein nach Sonne schmeckt, statt nach Schatten oder „Pero“-bedingte Weltvernichtung! +++ Trotz meiner ganzen Arbeit ist aber nichts sicher, geschweige garantiert!

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