Weintelegramm 69

„Was ist Dein Fazit?“, fragte mich Gerrit Walter, einer meiner neuen Freunde unter den Studenten der Fachhochschule für Weinbau in Geisenheim/Rheingau, gestern Abend auf seiner Geburtstagsparty. +++ Das war eine gute Frage des 22-Jährigen wenige Tage vor dem Abbruch meiner Zelte nach zwei Semester als „Gasthörer“ und der Rückkehr nach Berlin! +++ Obwohl ich bis dahin nur einen einzigen Schluck Sekt im Blut hatte, tat ich mich sehr schwer, eine Antwort auf Gerrits Frage zu finden. +++ Dann platzten die nächsten Studenten in die WG-Küche, und ich war aus dem Schneider. +++ Zusammen bewegten wir uns mit Entschlossenheit in Richtung Tausend Schluck Wein. Den Lemberger- und Spätburgunder-Rotweine folgten trockene Riesling, dann kehrten wir zurück zum Riesling in süß, und, und, und. +++ Jetzt kommt es mir wie ein Wunder vor, dass mein Kopf so klar ist und ich mit etwas Mühe meine gekritzelte Notizen aus den frühen Morgenstunden entziffern kann. +++ Sie geben eine wesentlich bessere Antwort auf Gerrits Frage als meine Worte gestern. +++ Manchmal war es sehr anstrengend alles zu verstehen, aber es gab auch Momente, in denen ich mich mit den Reben identifizierte und meine Trauben langsam reifer und reicher an Inhaltstoffe wurden. +++ Am schönsten waren die Momente, wenn ich den Hörsaal verlies und meine Vorstellung des Weins von dem gerade Gehörtem revolutioniert wurden. Ich sprang dann auf mein Fahrrad, und es gärte in meinem Kopf; unvergessliche Momente! +++ Auf den ersten Blick ging es im Hörsaal immer um die Vermittlung von naturwissenschaftlichen Wissen, aber oft war das Thema eigentlich die kreativen Möglichkeiten des Weinbaus. +++ Als ich vor wenigen Tage Prof. Hans R. Schultz, den neuen Direktor der FH, dafür dankte, war er sichtlich verblüfft, weil die meisten Studenten nie eine solche Reaktion zeigten. +++ Aber zumindest meine neue Studentenfreunde freuen sich schon darauf, das was sie hier gelernt haben, in den Tat umzusetzen und fortzuentwickeln. +++ Liebe neuen Freunde, ich bin auch am Anfang und suche genauso nach einem Weg, ich fühle mich auch manchmal sehr sicher und bin dann gleich wieder völlig verunsichert. +++ Danke, dass Ihr mich akzeptiert und unterstützt habt, danke für die Flur- und Poolpartys, für die Witze und die Musik, für die Gedanken und die Inspiration. +++ Jetzt lebt der Wein in mir!

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